Tagung

Ost-West-Konflikt im europäischen Kommunismus – internationaler Workshop anlässlich des 40. Jahrestags der letzten europäischen Kommunistenkonferenz in Ost-Berlin 1976

23. Juni | 14:00

Am 29. und 30. Juni 1976 fand in Ost-Berlin letztmals eine „Konferenz der kommunistischen und Arbeiterparteien Europas“ statt. Das sowjetorientierte Lager wollte mit der Konferenz in der Hauptstadt der DDR eine Spaltung der kommunistischen Bewegung Europas verhindern. Die Gefahr eines solchen Schismas war im Zuge des nach der gewaltsamen Niederschlagung des „Prager Frühlings“ entstandenen Eurokommunismus und eigenständiger Wege einiger osteuropäischer KPs (v.a. der jugoslawischen und der rumänischen) offensichtlich geworden. Vor dem Hintergrund des hohen Wahlergebnisses der italienischen Kommunisten bei den Parlamentswahlen neun Tage vor Beginn der Konferenz standen insbesondere die dem Eurokommunismus zugerechneten Parteien im Fokus des öffentlichen Interesses. Deren Ablehnung einer sowjetischen Bevormundung trug maßgeblich dazu bei, dass die KPdSU keine Dominanz mehr über die kommunistische Bewegung Europas ausüben konnte. Gleichzeitig nährten sie bei zahlreichen Linken in West und Ost die Hoffnung auf die Entstehung eines demokratischen Kommunismus. Die Konferenz von 1976 markiert daher einen Wendepunkt in der Geschichte der kommunistischen Bewegung Europas, die in den Folgejahren durch einen eigenen Ost-West-Konflikt zwischen eurokommunistischen Reformern und sowjettreuen Konservativen geprägt wurde.


Die Konferenz ist zeithistorisch bislang nur in geringem Maße untersucht worden. Aktuell liegen lediglich zeitgenössische, meist journalistische oder politologische Beschreibungen der Konferenz vor. Eine umfassend quellengestützte und multiarchivarische Analyse steht noch aus. Anlässlich des 40. Jahrestags dieser Konferenz wird daher ein internationaler Workshop in Berlin den Stand der Forschung zusammentragen und sich neuen Forschungsperspektiven zuwenden. Dabei stehen die Verortung der Konferenz in der Geschichte der kommunistischen Großkonferenzen, ihre Einbettung in die Globalgeschichte der 1970er-Jahre, die Vorbereitung, Organisation und Durchführung der Konferenz, ihre Wahrnehmung durch die verschiedenen Parteien und Regierungen in Ost und West sowie insbesondere durch die ostdeutsche Gesellschaft im Mittelpunkt. Von besonderem Interesse wird die Rolle der SED sein, die als gastgebende Partei einerseits eine Vermittlerrolle einnehmen musste, um ein Stattfinden der Konferenz überhaupt zu ermöglichen. Anderseits war sie an die Vorgaben der sowjetischen Machthaber gebunden und musste daher in hohem Maße taktisch agieren. Neben der SED und der KPdSU spielten die kommunistischen Parteien aus Jugoslawien, Italien, Frankreich, Spanien, Rumänien und Ungarn eine wichtige Rolle.

 

Organisator

Veranstalter Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Centre Marc Bloch Berlin, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam

Kontakt

Emmanuel Droit
droit  ( at )  unistra.fr

Programm

 

Donnerstag, den 23. Juni 2016

15:00 Uhr

Empfang der Teilnehmerinnen und Teilnehmer

 

15:30 Uhr

Begrüßung

  • Thomas Lindenberger (ZZF Potsdam)
  • Nikolas Dörr (Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur)
  • Emmanuel Droit (Centre Marc Bloch Berlin)

 

16:00 Uhr – 17:00 Uhr

Panel 1: Die Ostberliner Konferenz im Zeitalter des Kalten Krieges

Chair: Thomas Lindenberger (ZZF Potsdam)

  • Maximilian Graf (INZ der Universität Wien): Die Geschichte kommunistischer Großkonferenzen
  • Nikolas Dörr (Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur): Die 1976er-Konferenz in der Analyse von westlichen Nachrichtendiensten und Parteien

 

17:00 Uhr – 18:00 Uhr

Panel 2: Die westeuropäischen KPs und die Herausforderung der Autonomie

Chair:Emmanuel Droit (Centre Marc Bloch)

  • Francesco Di Palma (FU Berlin): Mittler zwischen den Blöcken? Der
    italienische und der französische Kommunismus in den 1970er Jahren
  • Carla Reitter (Johann-Wolfgang-von-Goethe-Universität, Frankfurt/Main): Der. 22. Parteitag des PCF 1976 – ein Kongress im Zeichen des Eurokommunismus?

Ab 18:00 Uhr Abendessen

 

Freitag, den 24. Juni 2016

10:00 Uhr – 13:30 Uhr

Panel 3: Der Ostblock: Zwischen Einheit und Diversität

Chair: Nikolas Dörr (Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur)

  • Karlo Ruzicic-Kessler (INZ der Universität Wien): Teilnehmen oder nicht? Der Bund der Kommunisten Jugoslawiens und die Berliner Konferenz 1976
  • Gábor Szilágyi (Eötvös-Loránd-Universität Budapest): „Herrgott noch mal, dann soll es blau-weiß-rot sein, […] wenn’s nur ein Sozialismus ist!” – Die USAP und die Berliner Konferenz 1976
  • Tom Junes (Human and Social Studies Foundation Sofia): From Kite-flying to Attack Dog: The Bulgarian Communist Party and the 1976 Conference of Communist and Workers Parties in Europe
  • Miroslav Šepták (Nationalarchiv Prag): Die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei und die Konferenz der kommunistischen und Arbeiterparteien Europas im Jahr 1976

Mittagspause: Catering im Centre Marc Bloch

 

15:30 Uhr – 17:00 Uhr

Panel 4: Die Reaktion von Dissidenten auf die Konferenz

Chair:

  • Martina Metzger (Martinsried): Die letzte europäische Kommunistenkonferenz 1976 und ihre Auswirkungen auf die Dissidenten in der DDR: Reaktionen von Robert Havemann und Rudolf Bahro
  • Maximilian Graf (INZ der Universität Wien): Westeuropäische Dissidenz: Das Beispiel Franz Marek

 

17:00 Uhr – 17:30 Uhr

Abschlussbemerkungen: Thomas Lindenberger (ZZF Potsdam)

 

17:30 Uhr – 18:00 Uhr

Abschlussdiskussion

 

Ab 18:00 Uhr Abendessen

 

Ort

Georg-Simmel-Saal
Friedrichstraße 191

10117
Berlin
Deutschland