Dr. Mélina Germes | Assoziierte Forscherin

Mobilität, Migration und räumliche Neuordnung
Centre Marc Bloch, Friedrichstraße 191, D-10117 Berlin
E-Mail: melina.germes  ( at )  cnrs.fr Tel: +49(0) 30 / 20 93 70700

Mutterinstitut : CNRS PASSAGES UMR 5319 | Position : CNRS Forscherin | Fachbereich : Kriminologie , Soziologie , Stadtgeographie |

Biographie

Nach einer Doktorarbeit in Sozialgeographie über Shopping, urbane Erfahrungen und Identitäten, die ich in den 2000er Jahren in Bordeaux unter der Leitung von Guy Di Méo geschrieben habe, führte mich mein Weg als Postdoktorandin nach Deutschland.

Innerhalb der deutschsprachigen Neuen Kulturgeographie, Kritischen Geographie und Kriminologie zwischen Mainz (2008-9), Erlangen (2009-2011) und Berlin (Centre Marc Bloch, 2011-2013) beschäftigte sich meine postdoktorale Forschung mit dem Einfluss der Sicherheit und der Securitization auf das Urbane. Um die Wende zu den 2010er Jahren untersuchte ich die diskursive Konstruktion der französischen "Banlieues" in den Medien, der Politik und den Praktiken der Polizei. Die Überlegungen zu Kriminalitätskartierungen (crime maps - meist einfache Karten von Einbrüchen) haben mich dazu gebracht, mich mit dem Stellenwert von Kartografie und Technologie in der Polizeiarbeit und den Polizeikulturen, ihren (Miss-)Verwendungen und ihrer Funktion zu beschäftigen, von pin maps bis hin zu predictive policing.

Diese Frage nach der Nutzung des Raums im Sicherheitsbereich hat sich mit der Untersuchung der städtischen Drogenpolitik weiterentwickelt, einem Bereich, in dem zur Kriminalisierung noch weitere Herausforderungen wie gesundheitliche und soziale Risiken hinzukommen. In diesem Zusammenhang habe ich an der Wende zu den 2020er Jahren die Untersuchung der persönlichen Beziehungen zum Lebensraum und zum gelebten Raum wieder aufgenommen, im Dialog mit den Drogensoziologie und mit einer Forschungspraxis, die in der kritischen Kartographie und der Untersuchung von Emotionen verankert ist, indem ich die Prozesse der Marginalisierung zwischen Subjektivierung und Repräsentation in Berlin untersuchte. Meine Überlegungen zum institutionellen Gebrauch von Karten wurden auf die Kartierung gebrauchter Spritzen in Berlin ausgeweitet. Auf der Grundlage dieser Überlegungen zu (Gegen-)Kartographien von Kriminalität und Drogen arbeite ich heute an dem Begriff der "(a)moralischen Kartographie".

Die Kontexte und Modalitäten der wissenschaftlichen Arbeit in den Geistes- und Sozialwissenschaften interessieren mich vor allem unter zwei Aspekten.

Institutionelle und sprachliche Kontexte (Französisch oder Deutsch) prägen die Art und Weise, wie wir denken und Wissen produzieren, wie wir in mehreren gemeinsamen Veröffentlichungen zum Thema Übersetzung zeigen konnten. Dazu gebe ich mit heraus 2024 ein Themenheft zu "Theoretisch Arbeiten in den französischsprachigen Geographien" in der Geographische Zeitschrift.

Darüber hinaus wird die Art und Weise, wie akademische Strukturen und Kulturen (in-)validation, (Nicht-)Zugänglichkeit und Ausschluss produzieren, von REHF, einem neuen Netzwerk frankophoner Forscher*innen im Bereich der critical disability studies, hinterfragt.

(A)moralische Kartographien

Die Kartografie gehört zu den Wissenstechnologien, die die heutige Welt, aber auch unsere Vorstellungen von ihr immer stärker prägen. Dieses Projekt fragt, wie Karten, die im Kontext von Sicherheits- oder Gesundheitspolitik erstellt werden, im Lichte des Begriffs der (A)Moral verwendet, diskutiert und angefochten werden.

Wissenstechnologien prägen die heutige Welt in zunehmendem Maße. Die Kartografie und insbesondere geografische Informationssysteme (GIS) gehören dazu und werden daher intensiv im Rahmen der Gesundheits- und Sicherheitspolitik, insbesondere in Städten, eingesetzt, sei es durch institutionelle Akteure oder durch Politik von unten. Diese Raumdarstellungen zirkulieren in den zeitgenössischen Medien und prägen die Art und Weise, wie Gesellschaften ihre Welt wahrnehmen, begreifen und gestalten. Gesundheits- und Sicherheitskartographie werfen daher zahlreiche Fragen auf, die ihre Historizität betreffen - die ersten tauchten vor zwei Jahrhunderten auf; ihre moralische Ökonomie - sie stellen gesundheits- oder sicherheitsbezogene Abweichungen von einer idealen sozialen Ordnung dar; sowie die scheinbare Verwissenschaftlichung von Formen der sozialen Kontrolle. Diese Kartographie ist Gegenstand unterschiedlicher Kritik: kartografisch, geografisch, militant, sozial; und sie führen zu alternativen Kartierungen, die die ersten ersetzen oder ihnen entgegenstehen. Neue Gegenkartographie rekonfigurieren sowohl die technologischen Werkzeuge als auch die Vorstellungswelt, um anderes Wissen zu teilen und andere Darstellungen hervorzuheben. Dabei schlagen sie andere kartografische "Moralvorstellungen", andere Prinzipien und andere Normen vor.

Mit dem Ziel, die Produktion, den Gebrauch und die Zweckentfremdung von (a)moralischen Kartographie zu hinterfragen, stützt sich dieses Projekt auf unterschiedliche Strömungen der deutsch-französischen Sozialwissenschaften: STS, kritische Kartografie, soziale und politische Geografie. Es verbindet die Untersuchung der institutionellen Praktiken der Kartierung mit der Erprobung alternativen Kartierungen in verschiedenen Bereichen wie der prädiktiven Polizeiarbeit in den Länderpolizeien, den Zweckentfremdungen der Kriminalanalyse in der französischen Gendarmerie oder den Kartierungen der Berliner Suchthilfepolitik.

Publikationen

Letzte Veröffentlichungen

Ausführliche Publikationsliste hier : https://cv.hal.science/melina-germes