Tagung: Erfahrungsräume und Erwartungshorizonte: Die osteuropäischen Diasporen im Kalten Krieg

Datum

Donnerstag, 24. November 2016, 09:00 Uhr

Beschreibung

Die Tagung wird vom Aleksander-Brückner-Zentrum für Polenstudien an den Universitäten Halle-Wittenberg und Jena in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für die Geschichte Südosteuropas an der Humboldt-Universität Berlin organisiert (Projekt „Phantomgrenzen in Ostmitteleuropa“, gefördert durch das BMBF). Sie findet vom 24. bis 25. November 2016 in Halle (Saale) statt.

Das detaillierte Programm finden Sie hier.

Nach dem Zweiten Weltkrieg blieben große Gruppen von Emigrantinnen und Emigranten aus den ost- und südosteuropäischen Staaten in den westlichen Ländern. Sie setzten sich aus Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern im Deutschen Reich, Kriegsgefangenen, Häftlingen von Konzentrationslagern und Personen zusammen, die vor der vorrückenden sowjetischen Armee geflohen waren. Soweit diese „Displaced Persons“ nicht in den ersten Nachkriegsjahren freiwillig oder zwangsweise in ihre Heimatländer zurückkehrten, bildeten sie in den folgenden Jahrzehnten den wichtigsten und politisch aktivsten Teil der ost- und südosteuropäischen Diasporen in den Ländern, die sich nun zum Westen formierten.

Die Untersuchung der ost- und südosteuropäischen Diasporen scheint besonders geeignet, neue Perspektiven auf die Geschichte des Kalten Kriegs zu eröffnen. So gehörten Personen und Organisationen aus ihren Reihen zu den besonders exponierten Akteuren in der sich zuspitzenden Auseinandersetzung zwischen Ost und West. Manche kooperierten mit westlichen Nachrichtendiensten bei Operationen hinter dem „Eisernen Vorhang“. Andere zogen öffentliche Aufmerksamkeit auf sich, da sie für einen besonders radikalen Antikommunismus eintraten oder vor 1945 mit dem nationalsozialistischen Deutschland zusammengearbeitet hatten.

Eine nähere Untersuchung der osteuropäischen Diasporen im Hinblick auf die Politik-, Kultur- und Gesellschaftsgeschichte des Kalten Kriegs erscheint auch deshalb vielversprechend, weil sie die Grenze zwischen Ost und West überschreitende Räume konstituierten. Die Angehörigen der Diasporen brachten biographische Erfahrungen aus den Regionen jenseits des „Eisernen Vorhangs“ mit, und ihre Zukunftserwartungen sowie ihr politisches Handeln richteten sich in hohem Maße auf Veränderungen in ihren Herkunftsländern. Die Diasporen repräsentierten einerseits den „Osten“ im „Westen“. Andererseits erschienen sie dem „Osten“ nicht selten als ein besonders gefährlicher Teil des „Westens“. Die Diasporen waren einerseits Teil der westlichen Gesellschaften und standen unter dem Einfluss der dortigen politischen und kulturellen Veränderungen. Andererseits waren ihre Angehörigen aber auch eng mit dem Osten verbunden.

Damit stehen die Diasporen im Zentrum einer Verflechtungsgeschichte von Ost und West in der Zeit des Kalten Kriegs. Anzunehmen ist auch, dass sich an ihnen Einflüsse des Ost-West-Konflikts auf politische, kulturelle und gesellschaftliche Wandlungsprozesse in den westlichen Gesellschaften besonders deutlich erkennen lassen. Das Ziel der Tagung ist es zu fragen, welche Erkenntnisse eine Geschichte der Diasporen in der Zeit vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis Ende der 1980er Jahre für eine Politik-, Kultur- und Gesellschaftsgeschichte des Kalten Kriegs ermöglicht.

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