12. November 2025 • 14:00 - 12. Oktober 2026
Germaine-Tillion-Saal
Exil, Medien und Erinnerung im Deutschland des 20. Jahrhunderts
Der Workshop „Exil, Medien und Erinnerung im Deutschland des 20. Jahrhunderts“ organisiert vom Canadian Centre for German and European Studies (DAAD) und dem Centre Marc Bloch, widmet sich neuen Perspektiven auf Prozesse und Erfahrungen des Exils im Zusammenhang mit der deutschen Geschichte der Moderne. Er fragt, wie Geschichten von Vertreibung und Transit – innerhalb, aus oder nach Deutschland – dargestellt und erinnert werden. Wessen Erfahrungen stehen dabei im Vordergrund?
Wie tragen verschiedene Medien nicht nur dazu bei, Exilerfahrungen sichtbar zu machen, sondern auch dazu, das Narrativ ihrer Erinnerung zu prägen und deren Politisierung über unterschiedliche Zeitlichkeiten hinweg zu beeinflussen? Gibt es eine spezifisch deutsche Form, Exil zu erleben und/oder zu erzählen?
Der Workshop bringt zunächst Wissenschaftler:innen aus den Geisteswissenschaften zusammen, gefolgt von einem musikalischen Intermezzo, bevor der Hauptvortrag des Fotografen Mahmoud Dabdoub stattfindet. Die Vorträge und Diskussionen werden auf Deutsch und Englisch geführt.
Programm :
- Panel (14:00-15:30, in Präzenz)
Einführung & Moderation: Deborah Barton (CCEAE) & Fabien Théofilakis (CMB)
Aurélie Denoyer (Centre Marc Bloch), „Von antifaschistischer Solidarität zu politischer Instrumentalisierung: spanische kommunistische Flüchtlinge in der DDR“
Jennifer Lynn (Montana State University Billings), „Solidarity in Exile: Agnes Smedley, China, and the Arbeiter Illustrierte Zeitung“
Sonja Klocke (University of Wisconsin – Madison), „Vertragsarbeiter:innen in der Textilindustrie der DDR: Zur Darstellung neokolonialer Strukturen der Ausbeutung in Kunst und Film“
Nazan Maksudyan (Centre Marc Bloch / Freie Universität), „Isolation, Mediation, and Audible Refuge: Gerhard Kessler’s Radio Days in Exile in Istanbul“
Anmeldelink siehe unten.
Pause: 15:30pm-16:00
- Musical Intermezzo (16:00-16:30)
Musikerinnen und Musiker der Barenboim-Said Akademie (Berlin)
- Key note (16:30-18:00, in hybrider Form)
Mahmoud Dabdoub (freelance photographer, Leipzig), „Erinnerung verdrängen heiß nicht vergessen!“
Moderation: Jacob Eder (Barenboim-Said Akademie, Berlin)
Aurélie Denoyer Nach einem Studium der Geschichte und Soziologie an der Universität Paris-Est und der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder (2002-2006) verteidigte Aurélie Denoyer im Jahr 2012 ihre Dissertation in Zeitgeschichte zum Thema „L’Exil comme patrie : Les réfugiés politiques espagnols en RDA (1950-1989)“ [Das Exil als Heimat: Politische Flüchtlinge aus Spanien in der DDR (1950-1989)]. Diese Forschungsarbeit entstand im Rahmen eines binationalen Promotionsverfahrens (Co-Tutelle) zwischen den Universitäten Potsdam und Paris-Est und resultierte 2017 in einer Publikation im Verlag Presses universitaires de Rennes. Aurélie Denoyer ist seit dem 01. Januar 2016 Geschäftsführerin des CMB e.V.
Dr. Jennifer Lynn is a Professor of History at Montana State University Billings. Her monograph Contested Femininities: Representations of Modern Women in the German Illustrated Press, 1920 – 1960 (New York and Oxford: Berghahn, 2024) focused on how images of the modern woman were not only highly disputed, but also the central marker of contemporary constructions of modernity. The book shows how the visual became a powerful method to negotiate both the limits and possibilities for women in politics, society, the economy and culture. She is currently working on two projects. The first is a monograph focusing on the transnational work of Agnes Smedley through the lens of solidarity and friendship. The second project analyzes the German communist press in exile during the Third Reich and its return during occupation and the early GDR.
Sonja E. Klocke ist Professorin für Neuere deutsche Literatur, Film und Kultur an der University of Wisconsin – Madison. Ihre Forschung und Lehre fokussieren auf die Kultur des 20. und 21. Jahrhunderts, insbesondere auf Literatur und Film nach dem 2. Weltkrieg. Beeinflusst von kulturwissenschaftlichen Theorien zu Körper- und Krankheitsdiskursen, Gender Theorien und politischer Theorie hat sie diverse Artikel zu DDR- und post-DDR-Literatur und -Film sowie zur Gegenwartsliteratur veröffentlicht. Derzeit arbeitet sie u.a. an einer Monografie zu Mode in der DDR sowie als Co-Herausgeberin an Bänden zu den Themen Cultures in Motion: Migration, Exile, Refuge (De Gruyter, 2026), Die Krise der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur: Krankheit, Krieg, Klimawandel und andere Kalamitäten (Iudicium, 2026) sowie einem zweibändigen Sammelband mit dem Titel Claiming Space in Contemporary German-Language Writing—Interventions by Women and Non-Binary Authors (Camden House 2027). Zuletzt ist im Oktober 2024 der erste auf Englisch verfasste Band zu Juli Zeh erschienen (De Gruyter; mit Necia Chronister und Lars Richter).
Nazan Maksudyan ist Senior Researcher am Centre Marc Bloch (Berlin) im ERC-Projekt „Ottoman Auralities and the Eastern Mediterranean: Sound, Media and Power, 1789–1914” und Gastprofessorin an der Freien Universität Berlin. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der Sozial- und Kulturgeschichte des späten Osmanischen Reiches und der modernen Türkei, mit besonderem Interesse an Kindern und Jugendlichen, Gender, Sexualität, Exil und Migration, Sound Studies und Wissenschaftsgeschichte. Sie ist Autorin von Türklüğü Ölçmek (Metis, 2005), Orphans and Destitute Children in the Late Ottoman Empire (Syracuse UP, 2014), und Ottoman Children & Youth During World War I (Syracuse UP, 2019).
Mahmoud Dabdoub wurde 1958 in einem palästinensischen Flüchtlingslager in Baalbek, Libanon, geboren. Nach dem Abschluss der Sekundarschule in Beirut arbeitete er zunächst im palästinensischen Kulturbüro, bevor er 1981 in die DDR übersiedelte, um in Leipzig Fotografie zu studieren. Seitdem lebt er dort als freischaffender Fotograf und besitzt seit dem Jahr 2000 die deutsche Staatsbürgerschaft. Seine Biografie spiegelt sowohl das persönliche Exil als auch die kreative Neuorientierung eines Künstlers wider, der seine Laufbahn zwischen dem Nahen Osten und Ostdeutschland aufgebaut hat.
Dabdoubs Arbeiten wurden seit den 1980er-Jahren in der DDR, in ganz Deutschland sowie international gezeigt – unter anderem in Ramallah, Jerusalem, Bogotá und Bremen. Seine Projekte kreisen häufig um Themen wie Alltagsleben, Migration und Identität, etwa Alltag in der DDR (2003/2024), Wie fern ist Palästina (2003) oder Leipzig neue Heimat (2016). Sein künstlerischer Weg verbindet das palästinensische Exil, die deutsche Wiedervereinigung und die globale Gegenwart. Damit ist er eine einzigartige Stimme, die dokumentiert, wie Migrations- und Exilerfahrungen gelebt, gesehen und erinnert werden – wie es auch die Ausstellung Die Straße ist mein Atelier zeigt, die vom 10. Juli bis 21. September 2025 im Willy-Brandt-Haus vom Freundeskreis Willy-Brandt-Haus organisiert wird. In seinen Fotografien erzählt Dabdoub vom Alltag der Menschen im Nahen Osten, in der DDR und im vereinigten Deutschland.
Kontakt:
fabien.theofilakis@cmb.hu-berlin.de