Buchpräsentation

ONLINE – Joseph Vogl: Kapital und Ressentiment

July 05 | 18:00

Kritisches Denken im Plural. Begriffliche Wege der Sozialforschung

Joseph Vogl (Humboldt-Universität zu Berlin).

Buchpräsentation in einem Gespräch mit Jule Govrin (Europa-Universität Flensburg)

Anmeldung : sarah.hechler@cmb.hu-berlin.de

 

„Kapital und Ressentiment“ beschäftigt sich mit der Frage, wie sich der Aufbau neuer unternehmerischer Machtformen im digitalen Kapitalismus mit
der Aushöhlung demokratischer Prozeduren und Institutionen kombiniert. Dabei wird eine Spur der Zerstörung verfolgt, die von der Herrschaft der Finanzindustrie über die Plattformökonomie bis zu aktuellen Meinungsmärkten führt.

So wird die gegenwärtige Internetindustrie als Erneuerung eines Finanzregimes begriffen, das sich seit den 1970er Jahren formierte und über diverse Krisen hinweg mit der Bewirtschaftung von Informationen aller Art eine neue Quelle der Wertschöpfung erschloss. Solche Geschäftsmodelle sind einer engen Wahlverwandtschaft zwischen Finanzwesen und Kommunikationstechnologien geschuldet. Digitale Netzwerke haben eine Fusion von Finanz- und Informationsökonomie ermöglicht, die eine schnelle Expansion des Finanzsektors und die Hegemonie des Finanzmarktkapitalismus bewirkte. Damit ist nicht nur eine wirtschaftliche Handlungsmacht entstanden, die über nationale Grenzen hinweg in die Entscheidungsprozesse von Regierungen, Gesellschaften und Volkswirtschaften interveniert. Die Privatisierung des Internet und die Kommerzialisierung von Information haben vielmehr zur Aufzucht neuer Medienkonzerne geführt, deren Geschäfte in der Aneignung von öffentlichen Infrastrukturen, in der Ausweitung privater Kontrollmechanismen und in der Belieferung von Meinungsmärkten besteht. Die damit ausgelösten Debatten über fragmentierte Öffentlichkeiten, über Polarisierung und Demokratieverlust werden schließlich zum Anlass genommen, das Wechselverhältnis zwischen Wirtschaftsprozessen und Affektökonomien zu verfolgen. Dabei kommt dem Sozialaffekt des Ressentiments eine privilegierte Position zu: Im gegenwärtigen Wirtschaftssystem fungiert er als Produkt und Produktivkraft zugleich und trägt gerade mit seinen politischen und sozialen Erosionskräften zur Stabilisierung des Informationskapitalismus bei.

Im gemeinsamen Gespräch werden sich Joseph Vogl und die Philosophin Jule Govrin über diese informationstechnologischen Codierungen des Kapitals und die affektökonomischen Regungen des Ressentiments austauschen.

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