Zum Tod des Philosophen Sadik al-Azm
19 décembre
Letzte Woche haben wir vom Tod von Professor Sadik Jalal al-Azm erfahren, einem der großen syrischen Intellektuellen der Gegenwart und letztes Jahr Gast des Centre Marc Bloch. Der 1934 geborene, kritische Philosoph war der Autor von Büchern, die für die arabische Welt und darüber hinaus wegweisend gewesen sind: Seine 1969 veröffentlichte „Kritik des religiösen Denkens“(Naqd al-Fikr al-Dini, Veröffentlichung der englischen Übersetzung Critique of Religious Thought 2014), in der er die Manipulation der Religion durch die arabischen Regime anprangert, hat ihm den Vorwurf, interkonfessionelle Konflikte anzuheizen, und eine kurze Haft in den Gefängnissen des Regimes eingetragen. In Folge dieser „Affäre“ wurde Sadik al-Azm zu einem der heftigsten Kritiker von Edward Saïd, insbesondere seines Buchs Orientalism (1978), sowie, nach der Affäre um Salman Rushdie und die Satanischen Verse (1988), zu einem der herausragendsten Verteidiger der Redefreiheit. Ein französischsprachiger Sammelband einiger seiner Werke wurde 2008 unter dem Titel Ces interdits qui nous hantent bei Éditions Parenthèses veröffentlicht.
Mit Arbeiten zu Bergson und Kant auf Arabisch hat er seiner Zeit ebenso seinen Stempel aufgedrückt wie mit seinen zahlreichen Beiträgen zu intellektuellen Fragestellungen, der Palästinenser-Frage, Laizität oder die Situation der arabischen Welt.
Als Gegner des kriminellen Baath-Regimes lebte er nach der Unterzeichnung des Gründungsmanifests des Damaszener Frühlings 2000 im Exil. Nach mehreren Aufenthalten in den USA fand er schließlich vor einigen Jahren Aufnahme in Deutschland. Das Centre Marc Bloch hatte die Ehre, gemeinsam mit der Heinrich-Böll-Stiftung im April eine Diskussion zwischen Sadik al-Azm und Navid Kermani mit dem Namen „Syria from within“ zu organisieren.
Sowohl die Forscher/innen als auch alle Mitarbeiter des Centre Marc Bloch trauern mit seiner Familie.
Contact:
Sébastien Vannier
sebastien.vannier ( at ) helmholtz-klima.de