BLOCH'NOTES NEWSLETTER | Special COVID-19 November 2020


Es ist bei Weitem noch nicht Zeit, Bilanz zu ziehen in diesem Sommer 2020. In dem Wissen, dass das Virus selbst keine Ferien macht, ist es dennoch ein Moment des Innehaltens, um auf das vergangene halbe Jahr zurückzublicken, das sich noch zu Anfang des Jahres sicherlich niemand in dieser Form ausgemalt hat. Auch am Centre Marc Bloch haben Covid-19 und der Lockdown zu einschneidenden Veränderungen geführt und zahlreiche Umstellungen und Anpassungen nach sich gezogen. Angesichts der aufkommenden Krise haben wir bereits am 13. März eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Centre zu schützen und soweit es geht von zuhause aus zu arbeiten. In den nächsten Wochen haben wir dann gelernt, unsere Aktivitäten im Kontext der aktuellen Gesundheitskrise neu zu organisieren. Als ein geistes- und sozialwissenschaftliches Forschungszentrum, das aktuelle Entwicklungen zeitnah perspektiviert, stellte sich für uns sofort auch die Frage nach den vielfältigen Auswirkungen der „Corona-Krise“ auf unsere Gesellschaften. Gerade in einer Zeit fortdauernder Ungewissheit sahen und sehen wir es als unsere Aufgabe an, einen Beitrag zur kritischen Betrachtung des außergewöhnlichen Moments zu leisten, den die Welt derzeit durchlebt. Jenseits rascher Reaktionen im Modus von Notfall und Dringlichkeit bedurfte und bedarf dies auch immer wieder Augenblicken des Nachdenkens, um über unsere konkreten Forschungspraktiken, unsere Themen und Methoden sowie deren Weiterentwicklung zu reflektieren.

Da Präsenzveranstaltungen, öffentliche zumal, nicht mehr möglich waren, haben wir eine auf eine breite Öffentlichkeit zielende Webseminarreihe organisiert, die unter dem Titel „Systemrelevant? Was die Krise mit unserer Gesellschaft macht. Deutsch-französische und europäische Perspektiven“ Forscherinnen und Forscher aus unterschiedlichen Disziplinen und Ländern zusammenbringt, um die Auswirkungen der Pandemie auf unsere Gesellschaften auf der Basis ihrer Forschungen zu diskutieren. Im zurückliegenden Semester haben auf diese Weise fünf kommentierte Vorträge stattgefunden (die auch noch nachträglich als Videos auf unserer Webseite angesehen werden können). Das Themenspektrum reichte von Demokratiefragen in Ostmitteleuropa (Balázs Trencsényi, kommentiert von Leyla Dakhli und Marc Lazar) über organisationssoziologische Aspekte des Gesundheitsmanagements in Frankreich (Henri Bergeron und Olivier Borraz, kommentiert von Jérémy Geeraert) oder der transnational vergleichenden Analyse der ersten dreißig Tage des Corona-Managements (Paul-André Rosental, kommentiert von Jürgen Kocka und Franziska Zumbaum-Fischer) bis hin zu ethnographischen (Frédéric Keck, kommentiert von Tanja Bogusz) sowie medizin- und emotionshistorischen Perspektiven (Bettina Hitzer, kommentiert von Emmanuel Delille) auf die von dem Virus ausgelöste weltweite Krise. Für das kommende Semester planen wir bereits weitere Vorträge, die den Blick etwa auf Fragen der globalen Wirtschaftspolitik, der Demokratie oder auch der Erinnerungskultur weiten sollen.

Neben diesen Seminarveranstaltungen haben wir eine eigene, auf unserer Homepage veröffentlichte Artikelserie begonnen, mit dem Titel „Gesellschaft im Krisenmodus: Geistes- und sozialwissenschaftliche Perspektiven auf Corona“. Seit Anfang April werden dort in loser Folge meist kurze Beiträge unserer Forscherinnen und Forscher publiziert, die sich aus der Sichtweise ihrer jeweiligen Disziplinen mit der Situation auseinandersetzen und nach den Auswirkungen der „Corona-Krise“ auf unsere Gesellschaften fragen.

Die ersten drei Beiträge suchen die gegenwärtige Krise aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu historisieren: Paul Franke, Martin Herrnstadt und Léa Renard zeigen in ihrem wissensgeschichtlichen Beitrag, dass die „Politik der Kurve“ mit ihren Grafiken und Statistiken ebenso wie Wissensproduktion als solche niemals neutral und kontextunabhängig sein kann. Mit der Epidemiologie betrachtet Emmanuel Delille eine Disziplin, die neben der Virologie eine zentrale Rolle im aktuellen Krisenmanagement spielt. Denis Thouard hat gleich zu Beginn der Krise La Peste von Albert Camus einer coronabedingten Relektüre unterzogen.  Die drei folgenden Artikel betrachten Covid-19 aus sozial- und politikwissenschaftlicher Sicht: In einer transnationalen und vergleichenden Perspektive fragen Olivier Giraud und Nikola Tietze nach den Auswirkungen auf gesundheits- und sozialpolitische Solidaritäten in Europa und darüber hinaus. Während Andrea Kretschmann den Zusammenhang von worst-case-Szenarien und Grundrechtsfragen in den Blick nimmt, untersucht Jérémie Gauthier das Auftreten und die Praxis der Polizei in den „quartiers populaires“ während des „état d’urgence sanitaire“. Die beiden letzten Beiträge schließlich lenken den Blick auf die weiterhin zentralen Fragen von Ökologie, Klima und Ressourcen im Kontext der Krise. Judith Nora Hardt beleuchtet die Bezüge zwischen Covid-19 und der Klimadebatte. Sophie Lambroschini betrachtet das Zusammenwirken multipler Krisen um Sicherheit, Ressourcen und Corona im Kontext des Ukraine-Konflikts.

All diese Beiträge ergeben also ein vielfältiges, wenn auch selbstredend keinesfalls vollständiges Bild der sozial- und geisteswissenschaftlichen Sicht auf Covid-19, das wir in diesem Newsletter noch einmal abbilden möchten. Dabei haben wir die Texte größtenteils in ihrem ursprünglichen Zustand belassen und das Datum ihrer Erstveröffentlichung angegeben. Gerade weil sich die Gesundheitskrise dynamisch entwickelt und wir manche Aspekte vom heutigen Standpunkt aus vielleicht anders einschätzen, als wir es vor einigen Monaten getan haben und sicherlich auch in Zukunft tun werden, bietet die Zusammenschau, so hoffen wir, eine interessante Momentaufnahme und erlaubt es auch, unsere eigenen wissenschaftlichen Beobachtungen fortlaufend zu aktualisieren und zu perspektivieren. Unser „Newsletter Extra“ zu Covid-19 versteht sich also zugleich als Zwischenbilanz und Zeitdokument, das hoffentlich in der Rückschau zum kritischen Nachdenken anregt. Allen Autorinnen und Autoren, die sich an diesem Unternehmen beteiligt haben, danken wir sehr herzlich, ebenso wie dem Redaktionsteam dieses Hefts um Lucie David, Sara Iglesias, Chloé Risbourque und Sébastien Vannier.

Mit herzlichen Grüßen aus dem Centre und den besten Wünschen für eine hoffentlich gesunde rentrée wünschen wir eine anregende Lektüre.

Katia Genel, Silke Mende und Jakob Vogel                    

Berlin, im Sommer 2020            


En cet été 2020, il est encore trop tôt pour faire le bilan. Nous savons bien que le virus lui-même ne prend pas de vacances, mais ce moment de pause permet cependant de reconsidérer ce dernier semestre que personne n’aurait sans doute pu imaginer sous cette forme en début d’année. La Covid-19 et le confinement ont amené des changements importants qui ont affecté aussi le Centre Marc Bloch et provoqué dans notre institution de nombreuses restructurations et adaptations. En raison de la crise qui débutait, nous avons dès le 13 mars mis en place une série de mesures pour protéger les employé.e.s du Centre et commencé à travailler, dans la limite du possible, à domicile. Dans les semaines qui ont suivi, nous avons appris à réorganiser nos activités dans ce nouveau contexte de crise sanitaire. En tant que centre de recherche en sciences sociales et humaines qui vise à analyser les événements actuels selon différentes perspectives, s’est évidemment posé à nous la question des nombreuses conséquences de cette crise du coronavirus sur nos sociétés. Nous considérions, et considérons toujours, en particulier en cette période d’incertitude persistante, comme notre devoir d’apporter notre contribution à l’observation critique de ce moment exceptionnel que le monde entier traverse actuellement. Au-delà des réactions à chaud, dans l’urgence, cette situation nécessitait et nécessite encore un temps de réflexion afin d’interroger nos pratiques concrètes de recherche, nos thèmes et nos méthodes.

Puisque les manifestations scientifiques publiques n’étaient plus possibles dans les locaux du CMB, nous avons organisé une série de séminaires en ligne à destination du grand public, que nous avons intitulée « Essentiel à la société ? Les effets sociaux de la crise. Perspectives franco-allemandes et européennes. » Ce cycle réunissait des chercheuses et chercheurs de différentes disciplines et de différents pays pour discuter des effets de la pandémie sur nos sociétés sur la base de leurs propres recherches. Au cours du dernier semestre, le CMB a pu ainsi organiser cinq conférences dans le cadre de ce cycle, dont les vidéos sont disponibles sur notre site Internet. La palette des sujets abordés allait des questions de démocratie en Europe centrale et orientale (Balázs Trencsényi, commenté par Leyla Dakhli et Marc Lazar), à une approche de sociologie des organisations de la gestion sanitaire en France (Henri Bergeron et Olivier Borraz, commentés par Jérémy Geeraert) ou une perspective transnationale comparative de la gestion des 30 premiers jours du coronavirus (Paul-André Rosental, commenté par Jürgen Kocka et Franziska Zumbaum-Fischer). Mais également une approche de cette crise mondiale provoquée par le virus par l’ethnographie (Frédéric Keck, commenté par Tanja Bogusz) et par l’histoire de la médecine et des émotions (Bettina Hitzer, commentée par Emmanuel Delille). Pour le semestre prochain, nous avons déjà prévu d’autres conférences dans ce même cadre qui porteront sur les aspects de politique économique, de démocratie mais aussi de culture de la mémoire.

Au-delà de ce cycle de séminaires, nous avons publié également sur notre site Internet une série d’articles intitulée « La société en temps de crise : perspectives de sciences humaines et sociales sur le Corona ». Depuis début avril, nos chercheuses et nos chercheurs ont publié, des articles qui offrent souvent de manière courte et informelle,  une première analyse de la situation du point de vue de leurs disciplines et interrogent les conséquences de la crise du coronavirus sur nos sociétés.

Les trois premières contributions ont pour objectif d’historiciser la crise actuelle : dans leur article « Politik der Kurve  », Paul Franke, Martin Herrnstadt et Léa Renard montrent, sous l’angle de l’histoire des sciences,  que les graphiques, statistiques et la production du savoir ne peuvent en soi jamais être neutres et détachés de leur contexte. Emmanuel Delille se penche ensuite sur l’épidémiologie, une discipline qui, à côté de la virologie, joue un rôle central dans la gestion de crise actuelle. Denis Thouard a commenté, dès le début de la crise, sa relecture de La Peste d’Albert Camus. Les trois articles suivants s‘intéressent à la crise de la Covid-19 sous l’angle des sciences politiques et sociales. Dans une perspective transnationale et comparative, Olivier Giraud et Nikola Tietze posent la question des conséquences sur les solidarités sanitaires et sociales en Europe et dans le monde. Andrea Kretschmann s’intéresse aux liens entre les worst-case scénarios et les questions des droits fondamentaux. Jérémie Gauthier étudie la présence et les pratiques de la police dans les quartiers populaires pendant l’état d’urgence sanitaire. Les deux derniers articles de ce chapitre sont consacrés aux questions centrales de l’écologie, du climat et des ressources dans le contexte de la crise. Judith Nora Hardt met en avant les liens entre les débats soulevés par la Covid-19 et ceux liés au changement climatique. Sophie Lambroschini observe les interactions entre les multiples crises de la sécurité, des ressources et du coronavirus dans le contexte du conflit ukrainien.

Toutes ces contributions permettent de mettre en avant une première esquisse très diversifiée, et évidemment pas encore une image complète, de la perspective des sciences humaines et sociales sur la Covid-19 telle que nous essayons de la présenter dans cette Newsletter. Nous avons laissé les textes en grande partie dans leur version originale et indiqué la date de la première publication. Cette crise sanitaire évolue de façon très dynamique, de telle sorte que nous pourrions aujourd’hui évaluer  certains aspects bien différemment de ce que nous avons proposé il y a quelques mois, et ce sera  certainement encore le cas concernant les évolutions futures. C’est pour cela que ce recueil propose, nous l’espérons, un instantané intéressant et permet d’actualiser en permanence et de mettre en perspective nos propres observations scientifiques. La Newsletter que nous consacrons à la Covid-19 est donc à considérer comme un bilan provisoire et un document d’époque qui permettra à l’avenir une réflexion critique. Nous remercions chaleureusement toutes les chercheuses et tous les chercheurs qui ont participé à cet ouvrage, ainsi que l’équipe de rédaction de cette Newsletter, Lucie David, Sara Iglesias, Chloé Risbourque et Sébastien Vannier.

Très bonne lecture et tous nos vœux de santé pour cette rentrée de la part du Centre Marc Bloch.

Katia Genel, Silke Mende und Jakob Vogel                                

Berlin, été 2020

Aus der Forschung

Politik der Kurve: Wissenshistorische Perspektiven auf Produktion und Kommunikation statistischer Evidenz.

Aus der Forschung

Quand les facteurs de risque ne sont pas intuitifs. L’épidémiologie face à l’histoire

Aus der Forschung

La Peste et le Corona

Aus der Forschung

Teil 1: Verstehen und Handeln angesichts der Corona-Krise: Was offenbart die Covid-19-Pandemie über die Herstellung gesundheits- und sozialpolitischer Solidaritäten in Europa (und anderswo)?

Aus der Forschung

Teil 2: Verstehen und Handeln angesichts der Corona-Krise: Was offenbart die Covid-19-Pandemie über die Herstellung gesundheits- und sozialpolitischer Solidaritäten in Europa (und anderswo)?

Aus der Forschung

Virale Evolution. Vom worst case und Handlungsimperativen

Aus der Forschung

État d’urgence sanitaire : les quartiers populaires sous pression policière

What crisis? Corona as a socio-ecological shock

Aus der Forschung

L'Ukraine et sa double peine