CMB - Newsletter - Thema : Euro-afrikanische Zirkulationen Februar 2020
Vorwort
- 2019 war ein ebenso spannendes wie arbeitsreiches Jahr am Centre Marc Bloch. So ist seit Oktober letzten Jahres die neue Leitung des Zentrums vollständig: Katia Genel und ich freuen uns sehr, mit Silke Mende als neuer Stellvertretender Direktorin auf deutscher Seite eine kompetente und engagierte Kollegin an unserer Seite zu wissen, die als Zeithistorikerin mit Schwerpunkten in der politischen Geschichte sowie in der Globalgeschichte der Frankophonie unser Trio ideal ergänzt. Mit ihren weitreichenden Kontakten in Deutschland und Frankreich, die sie auf ihrem Lebens- und Ausbildungsweg zwischen Tübingen, Aix-en-Provence, Paris und München hat aufbauen können, bringt sie eine ganze Reihe von neuen Dynamiken mit an das Centre, die sich schon jetzt sehr positiv auf unsere Arbeit auswirken.
Neben den zahlreichen wissenschaftlichen Veranstaltungen stand das Jahr am CMB vor allem unter dem Vorzeichen unserer binationalen Evaluation. Die intensive Vorbereitung auf die Evaluierung wie auch der abschließende Bericht haben uns vielfältige Anregungen gebracht und uns insgesamt in unserem Projekt zur Weiterentwicklung des Centre bestätigt. Ein wichtiges Feld ist dabei die breitere Netzwerkbildung rund um das Centre sowie der Aufbau einer Reihe von strategischen Partnerschaften mit Forschungseinrichtungen und Universitäten in Frankreich und Deutschland, aber auch darüber hinaus im europäisch-internationalen Rahmen.
Das Centre Marc Bloch ist seit langem fest verankert im deutsch-französischen Wissenschaftsaustausch der Geistes- und Sozialwissenschaften und steht im intensiven Dialog mit seinen Partnern in Frankreich und Deutschland: vom CIERA und dem Deutschen Historischen Institut über das Deutsche Forum für Kunstgeschichte in Paris bis hin zum IFRA-SHS in Frankfurt, der Deutsch-französischen Hochschule in Saarbrücken oder dem Deutsch-französischen Jugendwerk. Ausgehend davon möchten wir noch stärker unsere Verbindungen in der deutschen Universitäts- und Forschungslandschaft sowie auf europäisch-internationaler Ebene entwickeln.
Paradigmatisch für diese breitere Vernetzung ist beispielsweise der enge Austausch mit unseren britischen Kolleginnen und Kollegen, insbesondere durch die enge Partnerschaft mit der Maison française d’Oxford und der Universität Oxford (hier auch im Verbund mit der Humboldt-Universität im Rahmen der Berlin University Alliance), sowie den Kolleginnen und Kollegen der Central European University (Budapest/Wien). Daneben gibt es eine ganze Reihe von Initiativen zur Verstärkung der Zusammenarbeit im Rahmen des Netzwerks der französischen Auslandsforschungsinstitute (UMIFRE) sowie mit der Max Weber Stiftung, dem Zusammenschluss der deutschen geisteswissenschaftlichen Institute im Ausland.
Die Erforschung Europas in seiner globalen Einbettung bleibt dabei weiterhin unser zentraler Fokus für die Forschungsaktivitäten im Rahmen unserer vier Forschungsschwerpunkte am Centre Marc Bloch. Ein besonders dynamisches Feld ist seit einigen Jahren das Feld der Zirkulationen zwischen Europa und Afrika, die den Themenschwerpunkt des aktuellen Newsletters bilden. Neben der seit langer Zeit am CMB intensiv gepflegten Forschung über die Austauschbeziehungen im Mittelmeer, dessen sichtbarster Ausdruck derzeit das durch einen ERC Consolidator Grant geförderte Projekt DREAM von Leyla Dahkli zur Vorgeschichte des „Arabischen Frühlings“ darstellt, ist in jüngster Zeit auch das subsaharische Afrika mehr und mehr in den Fokus der Forschungen am CMB gerückt.
Der am 1. Oktober 2019 gehaltene Eröffnungsvortrag des akademischen Jahres 2019/2020 von Ibrahima Thioub, Rektor der Universität Dakar und einer der führenden Intellektuellen Afrikas, erhielt vor diesem Hintergrund seine besondere Bedeutung. Als Spezialist für die Geschichte der Sklaverei machte der Historiker in seinem Vortrag nicht nur die besondere Verantwortung Europas für das historische Phänomen der Sklaverei und die dabei zu beklagenden Opfer deutlich, sondern unterstrich auch gleichermaßen die Beteiligung der afrikanischen Bevölkerung, insbesondere der afrikanischen Eliten, am System der Sklaverei. Bis heute, so Thioub, seien diese für die in den meisten afrikanischen Ländern zu beklagende Ausbeutung, die bis hin zu modernen Formen der Sklaverei reichen kann, mitverantwortlich. Der Vortrag gipfelte in einem eindrücklichen Plädoyer für die Verbesserung der Ausbildung junger Menschen in den afrikanischen Ländern und den Ausbau ihrer Universitäten. Darin sieht Thioub eine zentrale Aufgabe, um die Grundlagen für Armut und Verzweiflung und damit auch wichtige Migrationsursachen zu beseitigen. Geschichte und Gegenwart hängen auch hier einmal mehr eng miteinander zusammen.
Welch großen Einfluss die vergangene Kolonialzeit noch heute auf die Zirkulationen zwischen Europa und Afrika besitzt, zeigt sich sehr deutlich in den verschiedenen hier vorgestellten Texten und Forschungsprojekten: Fragen der Migration, innerafrikanisch wie nach Europa, Fragen der Staatlichkeit und der Gewalt, die Sicht auf Europa – all dies lässt sich nur vor dem Hintergrund der vergangenen kolonialen Beziehungen zwischen Europa und dem afrikanischen Kontinent verstehen. Allerdings gehen all diese Themen auch nicht allein in der ehemaligen Kolonialbeziehung auf. Vielmehr geht es darum, die komplexen Zirkulationen zwischen Europa und Afrika auch aus ihren jeweils aktuellen Dynamiken heraus zu verstehen, in denen innerafrikanische Auseinandersetzungen und Differenzen, religiöse und politische Perspektiven ebenso wichtig sind wie der wechselseitige Bezug der Sichtweisen von Europäer*innen und Afrikaner*innen in der Debatte über die Verhältnisse auf dem afrikanischen Kontinent.
Die europäisch-afrikanischen Austauschbeziehungen in diesem Sinne in die Erforschung Europas einzubeziehen, führt nicht nur zu einem neuen Blick auf Europa selbst. Es muss auch bedeuten, ein enges Verhältnis der Zusammenarbeit mit den Forscherinnen und Forschern des Kontinents zu entwickeln. Netzwerke des wissenschaftlichen Austauschs über das Mittelmeer hinweg aufzubauen und gemeinsame Projekte durchzuführen, bleibt daher ein wichtiges Anliegen für das Centre Marc Bloch in den kommenden Jahren. Dafür bestehen schon jetzt eine ganze Reihe von außerordentlich vielversprechenden Ansätzen an unserem Zentrum, auf die wir in Zukunft bauen können.
Jakob Vogel
Avant-propos
L’année 2019 du Centre Marc Bloch a été aussi intense que passionnante : depuis octobre dernier, la direction de notre institut est de nouveau au complet et Katia Genel et moi-même sommes très heureux d’avoir accueilli Silke Mende comme nouvelle directrice adjointe. En tant qu‘historienne du contemporain, spécialiste de l‘histoire politique de l‘Europe et de l‘histoire globale de la francophonie, elle vient apporter son expertise dans des domaines importants et stratégiques pour le CMB. Grâce à ses nombreux contacts en Allemagne et en France construits lors de ses différents postes à Tübingen, Aix-en-Provence, Paris ou encore Munich, elle ouvre pour le Centre des perspectives novatrices, qui conduisent déjà à de nouvelles dynamiques.
Outre les événements scientifiques particulièrement nombreux qui ont ponctué l‘année, celle-ci a été marquée par l’évaluation binationale conduite conjointement par le Haut Conseil de l’évaluation de la recherche et de l’enseignement supérieur français (HCERES) et son homologue allemand, le Wissenschaftsrat. La préparation très intensive à cette évaluation, ainsi que le rapport d’évaluation final rendu par les deux agences, a permis une clarification collective de ce que sont les forces et les perspectives communes et nous encourage dans la poursuite du projet scientifique mis en place. Un des points importants de notre stratégie scientifique est l’extension de nos réseaux et l‘établissement de nouveaux partenariats institutionnels en France, en Allemagne, mais aussi dans un cadre européen et international.
Depuis sa fondation, le Centre Marc Bloch est fermement ancré dans le milieu de la recherche franco-allemande en sciences humaines et sociales. Dans ce cadre, nous sommes dans un dialogue permanent avec nos partenaires des deux côtés de la frontière : le CIERA, l’Institut d’Histoire Allemand ou le Centre allemand d’Histoire de l’art de Paris, l’Institut français d’histoire en Allemagne (IFRA-SHS) de Francfort, l’Université Franco-Allemande ou encore l’Office Franco-Allemand pour la Jeunesse.
Au-delà, nous pouvons citer les échanges étroits avec nos collègues britanniques, notamment dans le cadre du partenariat avec la Maison Française d’Oxford et l’Université d’Oxford (également dans le cadre de la Berlin University Alliance mise en place avec l’Université Humboldt de Berlin), ainsi qu’avec les collègues de la Central European University (Budapest / Vienne). À cela s’ajoute une série d’initiatives pour renforcer la coopération au sein du réseau des UMIFRE, ainsi qu’avec la Fondation Max Weber, qui regroupe les instituts allemands de recherche en sciences humaines à l’étranger.
Les recherches concernant l’Europe, dans son imbrication aux problématiques globales, restent par ailleurs l’objectif central des activités de nos quatre pôles de recherche. Depuis quelques années, l’une des problématiques traitée est celle des circulations entre l’Europe et l’Afrique, sujet qui constitue le dossier de la présente lettre d’information. Le CMB connaît en effet une tradition de recherche concernant les circulations autour de la Méditerranée, dont la traduction la plus visible est actuellement le projet ERC Consolidator Grant de Leyla Dakhli autour de la pré-histoire des « printemps arabes ». Aujourd'hui, les recherches autour de la zone subsaharienne se sont également retrouvées de plus en plus au centre des activités du CMB.
C’est dans ce contexte que s’est tenue le 1er octobre dernier la conférence inaugurale de l’année universitaire 2019/2020, prononcée par Ibrahima Thioub, recteur de l’université de Dakar et l’un des intellectuels africains les plus importants actuellement. En tant que spécialiste de l’esclavage, l’historien n’a pas seulement mis en avant la responsabilité particulière de l’Europe dans le phénomène historique de l’esclavage, et envers ses nombreuses victimes, mais a souligné également l‘implication de la population africaine, en particulier ses élites, dans le système esclavagiste. Selon Thioub, celles-ci portent, jusqu’à aujourd’hui, une part de responsabilité dans l’exploitation subie par la plupart des pays africains, et ce jusqu’aux formes modernes d’esclavage. Cette conférence a notamment été marquée par un impressionnant plaidoyer d’Ibrahima Thioub pour une amélioration des conditions d’éducation des jeunes gens dans les pays africains et pour le renforcement des universités. Thioub y voit une mission centrale, afin de combattre la pauvreté mais aussi le désarroi de la jeune génération en Afrique et, ainsi, l’une des causes les plus importantes de la migration. L’histoire et le présent, encore une fois, sont étroitement liés.
L’influence du passé colonial sur les circulations actuelles entre l’Europe et l’Afrique est de nouveau soulignée lors des différents textes et projets de recherches présentés dans cette lettre d’information : les questions des migrations, intra-africaines comme vers l’Europe, les questions de l’État et de la violence, la perspective européenne ; tout cela ne peut être compris que dans le contexte des relations coloniales passées entre l’Europe et le continent africain. Cependant, tous ces sujets ne sont pas à relier uniquement à ces anciennes relations coloniales. Il s’agit bien plus de comprendre les circulations entre l’Europe et l’Afrique à travers leurs dynamiques actuelles, parmi lesquelles les conflits et différences intra-africains ou encore les perspectives religieuses et politiques relèvent d’une importance tout aussi forte que l’échange de points de vue entre Européen.ne.s et Africain.e.s dans le débat sur la situation sur le continent africain.
Intégrer les relations d’échange euro-africaines dans le cadre des recherches sur l’Europe permet non seulement d’apporter un nouveau regard sur l’Europe mais signifie également que nous devons développer une relation de travail plus étroite avec les chercheuses et chercheurs de ce continent. Un des souhaits du Centre Marc Bloch pour les prochaines années reste donc la mise en réseau d’institutions scientifiques des deux côtés de la Méditerranée. Pour parvenir à ce but, nous pouvons déjà nous baser sur de nombreuses initiatives prometteuses lancées au Centre Marc Bloch.
Jakob Vogel
Veranstaltungen Agenda 02-03/2020
Wegen der aktuellen gesundheitlichen Situation in Europa wurden die unten genannten Veranstaltungen abgesagt.
Der Eröffnungsvortrag von Ernst Ulrich von Weizsäcker am 20. April, wurde auf den Januar 2021 verschoben.
12. März - Abgesagt ( findet nur intern statt )
Forschungsseminar mit Thomas Piketty im Rahmen der Vorstellung seines neuen Buchs "Kapital und Ideologie".
Mit Henrik Enderlein (Hertie School of Governance), Heike Wieters (HU Berlin), Bénédicte Zimmermann (WiKo Berlin / EHESS).
Moderation: Thomas Fricke.
Wir bitten um eine verbindliche und namentliche Anmeldung unter anmeldung@cmb.hu-berlin.de
Einlass erfolgt nur mit Bestätigungsschreibens des CMB.
Diskussion in deutscher und französischer Sprache mit Simultanübersetzung.
Ort: Centre Marc Bloch, Germaine-Tillion Saal, 7. Stock
Uhrzeit: 15.00 - 17.00 Uhr
Kontakt: Jakob Vogel
Foto: GettyImages _ BartMaat
27. Februar - Abgesagt
Vortrag: Christian Lahusen "Asylum Administrations in Europe: Transnational Practices between Cooperation and Conflict"
Ort: Centre Marc Bloch, Germaine-Tillion Saal, 7. Stock
Uhrzeit: 19.00 - 21.00 Uhr
Kontakt: Nikola Tietze
18. März - Abgesagt
Ciné-Club: Dieter Rucht "Rise and Resist"
(USA, english without subtitles, 73 min.)
Ort: Centre Marc Bloch, Germaine-Tillion Saal, 7. Stock
Uhrzeit: 18.30 - 21.00 Uhr
Kontakt: Chloé Risbourque
20. April - Wegen der aktuellen gesundheitlichen Situation in Europa, wurde diese Veranstaltung auf den Januar 2021 verschoben.
Eröffnungsvortrag von Ernst Ulrich von Weizsäcker:
"Leider ist das Anthropozän nicht nachhaltig - Können wir das ändern?"
Ort: Centre Marc Bloch, Germaine-Tillion Saal, 7. Stock
Wir bitten um eine verbindliche und namentliche Anmeldung unter anmeldung@cmb.hu-berlin.de
Uhrzeit: 18.00 - 20.00 Uhr
Kontakt: Judith Nora Hardt
Doppelinterview mit Katia Genel und Silke Mende
"Das Centre als deutsch-französische Drehscheibe"
Doppelinterview mit Katia Genel und Silke Mende
Katia Genel und Silke Mende haben vor einem Jahr bzw. vor vier Monaten ihre Posten als Stellvertretende Direktorinnen angetreten. Ein Doppelinterview zwischen der Philosophin und der Historikerin, die beide, auf eigene Art, zum Ausbau der Interdisziplinarität am Centre beitragen möchten.
Wie sah Euer Werdegang zwischen Deutschland und Frankreich aus, bevor Ihr zu den Stellen in der Direktion des Centre kamt?
Katia Genel: Nach Erhalt der Agrégation habe ich zunächst Philosophie an weiterführenden Schulen im Norden Frankreichs unterrichtet. Ich habe in dieser Zeit sehr viel von Schülerinnen und Schülern gelernt, die zum Teil fast genauso alt waren wie ich. Die Frage der Autorität, die später Thema meiner Dissertation wurde, stellte sich hier also schon ganz konkret in der Praxis. Danach habe ich im Cotutelle-Verfahren mit der Goethe-Universität in Frankfurt am Main promoviert, wo ich auch einige Jahre gelebt habe. Abgesehen davon, dass meine Doktormutter Catherine Colliot-Thélène eine ehemalige Direktorin des Centre war, hatte ich 2008 während meiner Dissertation die Gelegenheit, zu der Diskussion zwischen Axel Honneth und Luc Boltanski ans Centre zu kommen. So konnte ich den deutsch-französischen Austausch, vor allem aber auch den fruchtbaren Dialog zwischen Philosophie und Sozialwissenschaften kennenlernen. Über meine Anstellung als Enseignante-chercheuse an der Universität Paris 1 bekam ich dann die Möglichkeit zu einem Forschungsaufenthalt am Centre. Gerade als meine Rückkehr nach Paris anstand, tat sich die Gelegenheit dieser Stelle in der Direktion des CMB auf.
Silke Mende: Das CMB war mir schon während meines Studiums und der Promotion als Drehscheibe für deutsche, französische und europäische Forschung ein Begriff. Ich habe in Tübingen und Aix-en-Provence im Rahmen eines integrierten Studiengangs studiert und dann lange Zeit in Tübingen gearbeitet. Während meiner Postdoc-Phase habe ich aber auch einige Zeit am DHI Paris und dann ein ganzes Jahr in Frankreich an Sciences Po Paris verbracht. Das betraf vor allem meine Archivrecherchen für die Habilitation zur „Geschichte der Frankophonie von 1860-1960“. Danach bin ich für zwei Jahre nach München ans Institut für Zeitgeschichte gegangen. Meine neue Stelle am Centre sehe ich als reizvolle Aufgabe: Das CMB ist ein sehr bekanntes Forschungszentrum mit einem internationalen Kontext. Gerade als Zeithistorikerin, die auch sehr gegenwartsnah arbeitet, ist dieser Austausch mit anderen Bereichen, wie der Soziologie oder der Politikwissenschaft, sehr wichtig.
Welche Aufgaben liegen euch als Direktorinnen dieses Forschungsinstituts am Herzen?
Katia Genel: Ich kannte ja bereits die internen Strukturen des CMB und mein Ziel war somit, das Centre auf seinem Weg hin zu einem paritätischen deutsch-französischen Institut zu unterstützen. Da das CMB ein Ort des Transits ist, kann man diesen Prozess nicht einfach auf der abstrakten Ebene beschließen, sondern er muss aus dem Inneren heraus gesteuert werden. Innovative interdisziplinäre Modelle wären hier etwa das Institut für Sozialforschung in Frankfurt oder die EHESS, die geisteswissenschaftliche und sozialwissenschaftliche, theoretische und empirische Forschung vereinen. Mein Ziel ist auch, nicht allein französische und deutsche Denkerinnen und Denker, sondern auch Persönlichkeiten aus Drittstaaten für das Centre zu gewinnen, die den deutsch-französischen, vor allem aber auch den interdisziplinären Austausch bereichern.
Silke Mende: Ich bin am Anfang des Wintersemesters angekommen, in einer Zeit gefüllt mit Terminen, Treffen, Kolloquien. Eine sehr gute Gelegenheit, um die Struktur und viele Leute kennenzulernen. Was die Direktionsarbeit angeht, haben wir versucht, die Bereiche untereinander zu verteilen. Im Sinne einer stärkeren paritätischen Identität, die Katia erwähnt hat, habe ich vor, auch die Vernetzung zu deutschen wissenschaftlichen Institutionen noch zu verbessern und zu erweitern. Die Vernetzung des CMB in Berlin und Brandenburg ist schon hervorragend, und mit meiner Erfahrung und meinen Kontakten im Süden und Südwesten kann ich hoffentlich dieses Netzwerk noch verbreitern. Wie bei Katia ist es mir wichtig, mein eigenes Forschungsprojekt fortführen zu können. Dort geht es um "Konturen einer Zeitgeschichte Europas seit 1970", aus der Perspektive einer Demokratiegeschichte. Das schließt, finde ich, gut an andere, bereits laufende Projekte am Centre an.
Wie habt Ihr in dieser neuen dreiköpfigen Direktion die Aufgabenbereiche untereinander verteilt?
Silke Mende: Erstmal ist es so, dass wir diese Bezeichnung haben, in dicken Anführungszeichen: die "deutsche" und die "französische" stellvertretende Direktorin. Aber wir sind natürlich nicht nur für "die Deutschen" oder für "die Franzosen", sondern für alle zuständig, zumal wir glücklicherweise auch viele Forscher*innen, Doktorand*innen und Fellows aus anderen Ländern und Wissenschaftskulturen haben. Dennoch ist es natürlich so, dass wir die Kontakte zu Institutionen aufgeteilt haben. Katia kümmert sich stärker um französische Partner und Träger, und ich werde stärker mit deutschen Kontakten kooperieren. Ich werde auch stärker den Bereich Kommunikation begleiten.
Katia Genel: Seit meinem Antritt in der Direktion beschäftige ich mich intensiv mit den verschiedenen Aspekten der Doktorandenausbildung, für die ich auch weiterhin zuständig bleibe, wenn ich natürlich auch hier viel mit Silke zusammenarbeite. Wie Silke schon erwähnte, bringen unsere einzelnen Ämter engere Kontakte mit unterschiedlichen Partnern mit sich; in meinem Fall etwa mit der Kulturabteilung der französischen Botschaft. Aber es stimmt, dass man diese Arbeit vor allem als einen permanenten kollegialen Austausch zwischen uns dreien betrachten muss.
Bietet Euch das die Möglichkeit Eure eigenen Disziplinen, Philosophie und Geschichte, im Centre in den Vordergrund zu stellen?
Katia Genel: Ich denke, dass das CMB vor allem eine starke geschichtswissenschaftliche Tradition mit sozialwissenschaftlicher Ausrichtung hat, die von Forscherinnen und Forscher aus der Geschichte, Soziologie und der Politikwissenschaften getragen wird. Seit einigen Jahren kommen aber vermehrt auch junge Philosoph*innen ans Centre, die sich vor allem mit der Kritischen Theorie beschäftigen und damit eine Brücke zur politischen Theorie und der Ästhetik schlagen. Natürlich freue ich mich, diese Disziplin zu vertreten, die Idee ist aber auch, sie mit den anderen Fächern zu konfrontieren.
Silke Mende: Wie Katia denke ich, dass klassischerweise die Soziologie, die Politikwissenschaften und natürlich die Geschichte am stärksten repräsentiert sind. Was aber wirklich von Bedeutung ist, ist die Interdisziplinarität der Seminare und Forschungsschwerpunkte, die unseren eigenen Blickwinkel erweitert und verändert.
Katia Genel: Tatsächlich lehrt mich das eine gewisse Bescheidenheit, aus der eigenen Disziplin herauszutreten und zu verstehen, dass für Forscher*innen anderer Disziplinen nicht alles so selbstverständlich ist. Am Centre findet man viele Möglichkeiten, solche Erfahrungen zu sammeln. Die "Quali-Quanti-Carto"-Gruppe etwa ist hierfür ein sehr schönes Beispiel. Auch in den anderen Seminaren gibt es immer wieder Momente des angeregten Austauschs über Methodenfragen, wenn eine Methode vorgestellt wird, die sich in eine andere Disziplin übertragen lässt und vielleicht als Inspiration für die eigene Arbeit dienen kann.
Welche Themen erscheinen Euch in diesem Jahr als relevant und wichtig anzusprechen?
Katia Genel: Ich finde es interessant, dass das Centre sich zu hochaktuellen, kontrovers diskutierten Themen positioniert und sich aktiv an öffentlichen Debatten beteiligt – so etwa zum Thema Klimawandel, Populismus, europäische Utopien, Brexit, künstliche Intelligenz und Digitalisierung. Ich selbst beschäftige mich mit Phänomenen, die allgemein als „autoritär“ bezeichnet werden. Das Centre kann aber nicht alle Themen abdecken, und wir sollten auf keinen Fall unser Kerngeschäft und unsere klassischeren Disziplinen vernachlässigen.
Silke Mende: Ich habe eingangs den Begriff vom Centre als deutsch-französischer Drehscheibe benutzt. Einerseits ist es wichtig, weiterhin eine Drehscheibe zwischen deutscher und französischer Wissenschaftskultur zu sein. Anderseits müssen wir auch Kontakte knüpfen zwischen Leuten, die vielleicht vorher weniger in Kontakt waren, also auch über Deutschland und Frankreich hinaus. Mit Großbritannien zum Beispiel oder mit Ostmitteleuropa, wo wir weiterhin mit verschiedenen Expert*innen am Centre gut vertreten sind. Thematisch glaube ich, dass es davon abhängt, wo und mit welchen Forscher*innen und Doktorand*innen welche Energien entstehen. Wir haben zum Beispiel gerade die neue Arbeitsgruppe „Energiewende“, die sehr dynamisch und vielversprechend startet.
Text und Foto: Sébastien Vannier
Le CMB lance son nouveau séminaire « Transition énergétique ».
Lancé en fin d’année 2019, le nouveau format du séminaire « Transition énergétique » a pour ambition de réunir scientifiques, mais aussi décideurs politiques et acteurs de la société civile autour de la recherche dans les domaines de l’énergie et du climat.
L’Europe n’est plus responsable que de 9 % des émissions mondiales de gaz à effet de serre et est parvenue à découpler croissance économique et consommation d’énergie. Le rôle des citoyen.ne.s s’est accru, notamment à travers les mouvements dénonçant la lenteur supposée des pouvoirs publics ou dans le contexte de l’essor de l’énergie- citoyenne. Elle reste néanmoins confrontée à un mix énergétique encore largement carboné et à une transition énergétique inégalement mise en œuvre dans les différents États membres.
En partenariat avec des institutions académiques allemandes et françaises, les recherches en cours au CMB interrogent les principes, la traduction et les conditions d’élaboration des politiques conçues dans ce contexte. La diversité des disciplines représentées au Centre Marc Bloch autorise différentes approches relevant de l’histoire (Jakob Vogel), de l’analyse politique (Judith Nora Hardt, Ulrike Zeigermann), de la géographie (Gilles Lepesant).
À titre d’exemple, les travaux d’Ulrike Zeigermann (post-doctorante à l’Université de Magdebourg) abordent les nouveaux modes de gouvernance et de circulation des savoirs qui émergent dans le contexte des politiques de développement durable. Ses terrains d’étude se situent au Royaume-Uni, en France ou encore en Allemagne où elle s’attache à expliciter les politiques conduites à l’échelle infra-étatique en matière d’adaptation au changement climatique. Ses travaux contribuent à actualiser les réflexions théoriques consacrées aux politiques publiques et aux jeux d’acteurs.
Judith Nora Hardt (post-doctorante au Centre Marc Bloch et à l’Institute for Peace Research and Security Policy de l’Université de Hambourg) interroge pour sa part les concepts de sécurité, de conflit, de justice à travers les relations contemporaines Homme-Nature. Elle axe plus particulièrement ses réflexions sur les enjeux de sécurité soulevés par le changement climatique. Sa collaboration avec le Ministère des Affaires étrangères allemand vise à renouveler les approches de la diplomatie en la matière et ses travaux sous-tendent son engagement dans le mouvement Scientists For Future.
Le projet de recherche de Gilles Lepesant (directeur de recherche au CNRS et affecté au CMB) s’inscrit pour sa part dans les travaux consacrés à la géographie de l’énergie telle qu’elle évolue dans le contexte de l’essor des énergies renouvelables. Il vise à expliciter les enjeux que revêtent une décentralisation des systèmes de production et la montée en puissance des politiques européennes pour les systèmes nationaux en place. Ses terrains d’étude en Allemagne, au Danemark et en France nourrissent une réflexion sur les concepts de gouvernance multi-niveaux, d’européanisation, de régimes socio-techniques.
Après un premier Mittagsseminar consacré aux réformes sur le climat en Allemagne et en France, une journée d’étude a eu lieu le 19 décembre concernant l’évolution de la place du charbon dans nos sociétés : “Contested futures for Coal - Historical and Economic Foundations of the Energy Transition(s)”. Les Mittagsseminare seront poursuivis à un rythme mensuel au cours de l’année 2020.
Neue Arbeitsgruppe „Energiewende“
Europa ist nur noch für 9 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich und hat es geschafft, Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch zu entkoppeln. Gleichzeitig ist der Energiemix jedoch immer noch weitgehend kohlenstoffbasiert, und die Energiewende wird in den verschiedenen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich umgesetzt. In Kooperation mit deutschen und französischen wissenschaftlichen Institutionen untersucht die neue Arbeitsgruppe „Energiewende“ die Prinzipien, Umsetzungsformen und Bedingungen von Energie- und Klimapolitiken. Durch die Vielfalt der am Centre Marc Bloch vertretenen Disziplinen können hier unterschiedliche Ansätze aus der Geschichte (Jakob Vogel), der Politikwissenschaft (Judith Nora Hardt, Ulrike Zeigermann) und der Geographie (Gilles Lepesant) zusammengeführt werden. Die Gruppe organisiert monatliche Mittagsseminare, die sich an ein breites Publikum richten, und Symposien, wie z.B. eine Tagung zum Thema “Contested futures for Coal - Historical and Economic Foundations of the Energy Transition(s)”, die am 19. Dezember 2019 am CMB stattfand.
Text: Gilles Lepesant und Ulrike Zeigermann
Foto: CMB / Ulrike Zeigermann (CMB) und Johannes Staemmler (IASS) auf der Tagung „Contested futures for Coal - Historical and Economic Foundations of the Energy Transition(s)”
Das CMB startet die Arbeitsgruppe „Deutscher Idealismus“
In Anbetracht des anhaltenden Interesses an der nachkantischen Philosophie hat sich zu Beginn des Wintersemesters 2019/2020 am Centre Marc Bloch die „CMB-Arbeitsgruppe Deutscher Idealismus“ konstituiert.
Die Arbeitsgruppe soll in erster Linie einen offenen Rahmen zur gemeinsamen intensiven Lektüre und Diskussion zentraler sowie zu Unrecht vernachlässigter Texte der Klassischen Deutschen Philosophie bereitstellen. Thematisch relevante Präsentationen sowie Gastvorträge einschlägiger Forscher*innen sind jedoch gleichermaßen willkommen.
In ihrer ersten Phase hat sich die Arbeitsgruppe mit F.W.J. Schellings Schrift „Philosophische Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit und die damit zusammenhängenden Gegenstände“ (1809) befasst, während sie sich im Sommersemester 2020 der Lektüre von späteren Schriften („Stuttgarter Privatvorlesungen“, „Initia Philosophiae Universae“ und „Weltalter“) desselben Autors widmen wird.
Die Arbeitsgruppe ist dreisprachig (englisch, französisch, deutsch), für die Teilnahme ist jedoch die aktive Beherrschung nur einer der genannten Sprachen erforderlich. Die Teilnahme an der Arbeitsgruppe steht allen Interessierten offen, wir bitten um eine Anmeldung per Mail. Diese Gruppe wird von Dr. Antonios Kalatzis (kalatzis@cmb.hu-berlin.de) und Stefan Hagemann geleitet.
Text: Antonios Kalatzis
Abbildung: Robert Delaunay, 1912-1913, Premier Disque, 134 cm, private collection. Wikimedia Commons.
Die Sitzungen finden während der Vorlesungszeiten dienstags von 18:30 bis 20:45 Uhr im Centre Marc Bloch, Friedrichstr. 191, im Georg-Simmel-Saal statt.
Nouveau groupe de travail "Idéalisme allemand"
Le Centre Marc Bloch a inauguré le groupe de travail "Idéalisme Allemand" au semestre d’hiver 2019/2020. Le groupe est principalement conçu en tant que plateforme de discussion et d‘échanges scientifiques sur des textes fondamentaux mais néanmoins peu étudiés. Des contributions sur des sujets apparentés ainsi que l‘invitation de chercheur.e.s externes sont également prévues.
THEMA: Euro-afrikanische Zirkulationen - Interview avec Ibrahima Thioub
Interview avec Ibrahima Thioub, historien et recteur de l’Université Cheikh Anta Diop de Dakar, Sénégal
L’historien sénégalais et recteur de l’Université Cheikh Anta Diop de Dakar, Ibrahima Thioub, a prononcé au Centre Marc Bloch la conférence inaugurale de l’année académique 2019/2020. Ce passage à Berlin fut l’occasion pour l’intellectuel de nous relater son parcours et de partager ses réflexions sur l’histoire des marginalisé.e.s et de l’esclavage au Sénégal. « Mon parcours est plutôt banal pour la génération née autour des années 1950, à une époque où l’Afrique marchait vers plus d’autonomie et d’indépendance. Je suis né à cette période où la France finit par décrocher du gouvernement direct de ses colonies et opte pour un contrôle indirect, tout aussi efficace mais moins coûteux financièrement et avec moins de risques politiques, qu‘on a appelé la néo-colonisation ». Ibrahima Thioub a cinq ans lorsque le Sénégal accède à l’indépendance en 1960. Fils du monde rural sénégalais, il fréquente d’abord l’école coranique de son village avant l’école élémentaire francophone qui le mènera à une formation professionnelle pour devenir instituteur. Cette première formation sera décisive pour son parcours scientifique et sa sensibilité pour les questions de domination et d’inégalités sociales.
Après une maîtrise et un DEA d’histoire à l’Université de Dakar, on lui offre une bourse pour faire un doctorat en France qu’il se trouve obligé d’accepter. « C’est vrai que je ne voulais pas du tout aller en France, mais le ministre m‘a obligé presque manu militari à y aller. Moi j‘étais déjà père de famille. J’aurai préféré rester à Dakar et avoir juste un billet pour faire un séjour à Aix-en-Provence aux Archives d‘outre-mer. À l‘époque, il n’y avait pas besoin de visa pour se rendre en France. On se faisait juste un passeport, on achetait un billet d‘avion, on allait à l‘aéroport pour prendre l‘avion et débarquer en France. Il n’y avait rien à faire d’autre comme formalité et pourtant il n’y avait aucun rush des Africains sur l’Europe ». En France, Thioub s’intéresse d’abord à l’histoire politique puis à l’histoire économique. Il consacrera sa thèse de doctorat au monde des affaires sénégalais et aux relations de pouvoir et de domination étrangère qui structuraient ce secteur à l’époque coloniale. « Je voulais voir pourquoi on n‘a pas une bourgeoisie d‘hommes d‘affaires nationaux capable de propulser une économie nationale telle que c’était le cas en Europe. Dans le monde des affaires sénégalais, les entreprises autochtones, africaines étaient de petite taille et souffraient d‘une très forte mortalité infantile. J‘ai trouvé dans le processus historique une marginalisation des autochtones ce qui me rapprochait des théories de Samir Amin (économiste franco-égyptien qui a développé une théorie du développement inégal entre centre et périphérie). La France avait étouffé la possibilité de formation d‘une bourgeoisie nationale dans les colonies parce que si elle se créait, elle porterait une revendication nationaliste qui aurait remis en cause la domination française. »
Après sa thèse, Thioub retourne au Sénégal, reprend d’abord son service comme professeur de lycée puis est recruté à l’Université de Dakar en 1990. À partir de ce moment, il s’oriente vers l’histoire des groupes marginalisés. « Après avoir étudié le prolétariat avec un mémoire de DEA sur les salariés du port de Dakar et la bourgeoisie avec une thèse sur les entreprises, je me suis mis à l‘histoire sociale, mais dans tous ces choix, l‘objectif a toujours été de questionner les problèmes de domination. Chaque fois que j‘entrais dans un sujet la question de la domination et de la libération m‘invitait au regard de mon expérience de vie, des formations que j‘avais reçu, des influences que j‘ai reçu de la part de mes professeurs et aussi mon vécu dans le village. Tout ça m’a amené à être très sensible à l‘injustice. J‘ai toujours voulu comprendre les mécanismes politiques et économiques de la domination, leur acceptation et contestation par les acteurs concernés, dominants et dominés. Sur le tard, je vais plus m‘intéresser aux mécanismes culturels. »
Par la suite, Ibrahima Thioub s’intéresse aussi au contrôle colonial, dirige des thèses sur la circulation des armes et la surveillance des agents de l’Islam et travaille sur la signification du banditisme social en Afrique, de l’histoire de l’enfermement et des systèmes carcéraux, pour ensuite se consacrer à l’histoire de l’esclavage. Il tente une analyse critique des lectures africaines des traites esclavagistes et de l’esclavage et soutient le rôle des élites politiques et marchandes africaines et leurs Etats dans la traite, un aspect trop souvent occulté par les recherches sur la question. Il se distancie aussi de la théorie de la dépendance qui ne prend pas assez en compte les dynamiques internes aux sociétés africaines.
« Les Africains avaient participé, n‘avaient pas été passifs dans l’économie de traite des captifs. Ils avaient été actifs avec des agendas, qui pouvaient être étudiés et mis en évidence. Ce n‘était pas possible que les compagnies européennes arrivent aux 16e et 17e siècles en Afrique et puissent pénétrer dans l‘hinterland, qui avait fourni le gros des captifs, de les ramener sur la côte, sans que personne ne bouge.
Ça renvoyait à une non-historicité des sociétés africaines. Ce n’était pas possible d‘imaginer des sociétés africaines sur ce modèle d‘une victime d‘une intervention extérieure, de façon amorphe et sans avoir leur propre projet là-dedans. Les sociétés africaines étaient des sociétés où il y avait de la domination, de la hiérarchie, des différences sociales très marquées. C‘étaient des sociétés extrêmement complexes et c‘est en prenant en compte cette complexité qu’on arrive à une étude crédible des réponses à la sollicitation européenne, de l‘initiative européenne d‘ouvrir et de développer une économie mercantile qui se constitue dans l‘Europe de cette époque et qui connecte les trois continents, l’Amérique, l’Europe et l’Afrique ».
Ces réflexions le mèneront aussi à questionner la dimension mémorielle de l’histoire de l’esclavage qui tend à ses yeux à réduire les Africain.e.s à de simples victimes et participe à la construction d’une identité africaine autour de la couleur de la peau, une approche de l’identité qu’il qualifie de chromatique. « Pour moi, ce sont les esclavagistes eux-mêmes qui avaient construit cette identité, qu‘il n‘était pas question de les suivre dans leur idéologie, dans leur lecture, d‘autant plus que ça ,dés-historicise' les sociétés pour les renvoyer à une nature qui avait aussi servi à légitimer la colonisation. On vous assigne une identité avant même de vous connaitre et c‘est ça que l‘esclavage a réussi. En prenant des Africains venus d‘horizons très différents, avec des backgrounds historiques totalement différents, parlant des langues et des croyances multiples. Dès qu‘ils arrivent sur la côte, ils deviennent des ,noirs'. Donc on gomme leur histoire individuelle, on gomme leur histoire collective pour les transformer en ,noirs' avant de les mettre dans le bateau et ce commerce devient la traite des ,noirs‘».
Pour Ibrahima Thioub, les processus migratoires d’aujourd’hui ne seraient ainsi qu’une des nombreuses conséquences de ces dynamiques d’extraction débutées avec l’expansion coloniale européenne. « La migration des capitaux et leur pratiques sauvages dans ces mondes a pour effet de produire ce qu’on appelle les migrants. Parce qu’on est dans le même monde, aujourd’hui totalement connecté. Il n’est pas possible de laisser libre cours à une expansion aussi agressive, aussi violente, aussi destructrice du capital multinational contrôlé par l’Europe et imaginer qu’on ne vienne pas déranger votre mode de vie, votre religion, votre citoyenneté, votre démocratie. Le modèle de développement qui connecte le monde à partir du 15e siècle construit la stabilité, la puissance à un de ses pôles par les ravages et rapines perpétrés dans les autres sociétés du monde. L’Europe d‘aujourd‘hui n‘est pas l’Europe du 14e siècle. Dans un siècle ça sera une autre Europe et personne ne peut l‘empêcher. C‘est le processus même de l‘histoire et c‘est un processus de métissage, de transformation, de survenu de l‘inattendu culturel et il vaut mieux être ouvert à ces transformations que de se recroqueviller frileusement derrière une communauté qu’on imagine naturelle et immuable. »
Thioub est convaincu de ce fait. Tant que le capital est mondialisé, les populations circuleront et migreront. Il ne peut s’empêcher de se rappeler le temps où il était étudiant. « Il n’y avait pas de visas pour venir en France pourtant les étudiants sénégalais n‘avaient pas envahi la France et moi c‘est presque contraint et obligé par un ministre sénégalais que je suis venu en France. Donc cette peur qu‘on a créée est pour moi totalement artificielle. Si on avait laissé les frontières libres, je vous assure, rien ne se serait passé. Les gens seraient restés chez eux. Les gens circuleraient comme on circulait à l‘époque, dans les années 1980 et bien avant. »
Le podcast et la vidéo de la conférence inaugurale du semestre 2019/20 avec Ibrahima Thioub, sont disponibles sur le site du Centre Marc Bloch.
Texte : Johara Berriane
Photos : Sébastien Vannier
Der senegalesische Historiker und Rektor der Universität Dakar spricht über seinen intellektuellen Werdegang.
Es sind der Besuch einer weiterführenden französischsprachigen Schule und eine Berufsausbildung zum Lehrer, die Ibrahima Thioub den Weg zur wissenschaftlichen Arbeit eröffnen und sein Interesse an Fragen der sozialen Ungerechtigkeit und der Herrschaft weckt. Nach seinem Studium der Geschichte an der Universität Dakar, bietet man ihm ein Stipendium für seine Doktorarbeit in Frankreich an. Er sieht sich vom Minister gezwungen, das Stipendium zu akzeptieren, obwohl er lieber in Dakar geblieben wäre. Vor Ort interessiert sich Thioub für Politik- und Wirtschaftsgeschichte. Er promoviert über die Geschäftswelt Senegals, dessen Machtgeflechte und die ausländische Herrschaft zur Kolonialzeit. Nach Abschluss seiner Doktorarbeit kehrt Thioub zurück nach Dakar, wo er zunächst als Gymnasiallehrer arbeitet, bis ihm1990 eine Stelle an der Universität Dakar angeboten wird. Von da an wendet sich Ibrahima Thioub der Geschichte der Randgruppen zu. In all seinen Forschungsarbeiten geht es darum, Problemen von Herrschaft und Machtverhältnissen und deren politischen und wirtschaftlichen Mechanismen auf den Grund zu gehen. Thioub beleuchtet insbesondere die wichtige Rolle der afrikanischen Eliten und Wirtschaftakteure im Sklavenhandel und in der Sklaverei. Die afrikanischen Gesellschaften seien ein hochkomplexes Machtgefüge mit großen sozialen Unterschieden und von starken Ungleichheiten gekennzeichnet. Die Kolonialmächte hingegen haben, so Thioub, den gesamten Kontinent einheitlich als "schwarz" definiert und den afrikanischen Gesellschaften ihre Geschichtlichkeit abgesprochen. Thioub sieht die Migrationsprozesse von heute als eine der vielen Folgen des europäischen Kolonialismus. Er ist davon überzeugt, dass solange das Kapital globalisiert bleibt, die Bevölkerungen migrieren werden, unabhängig von einer Öffnung oder Schließung der Grenzen.
Der Podcast sowie die Videoaufzeichnung der Veranstaltung mit Ibrahima Thioub sind auf der Website des Centre abrufbar.
Dakar-Berlin : allers et retours
De Dakar au Centre Marc Bloch, les trajectoires de l’anthropologue Johara Berriane et de l’historien Amadou Dramé se sont croisées de nouveau. Entretien commun autour de leurs expériences des deux côtés de la Méditerranée.
Dans quel cadre vous êtes-vous rencontrés pour la première fois à Dakar ?
Johara Berriane: Nous avions été tous les deux recruté.e.s en novembre 2015 dans le cadre d’un programme pilote de recherche, initié par l’Institut historique allemand (IHA) de Paris portant sur les questions d’identités et d’identifications en Afrique.
Quels étaient vos propres projets à l’intérieur de ce programme ?
Amadou Dramé: Au moment de mon recrutement, j’étais en train de finir ma thèse sur « La Direction des affaires politiques et administratives – Histoire d’une institution de renseignements du gouvernement colonial français » avec Ibrahima Thioub comme directeur de thèse. À ce moment-là, j’étais boursier de l’Institut des études avancées de Nantes. Dans cette thèse, j’ai analysé la politique coloniale de contrôle et de surveillance des personnes et des idées – œuvres intellectuelles et produits culturels – entreprise par l’administration française en Afrique de l’Ouest. À Dakar, j’ai continué sur cette même idée avec un projet sur quatre ans qui porte sur « L’Islam dans la politique sécuritaire de la France en Afrique de l’Ouest ». Dans ce projet, je travaille sur l’identification et la surveillance des mobilités des lettrés musulmans. Avec ce projet, j’ai prêté une attention particulière aux pratiques bureaucratiques des acteurs du renseignement en situation coloniale et postcoloniale. En outre, j’ai pu mesurer l’importance des dispositifs documentaires d’identification des lettrés musulmans, tels que le laissez-passer et les fiches de renseignement dans la construction de l’espace colonial.
Johara Berriane : Ma propre thèse remonte un peu plus puisque je l’avais soutenue en 2014 à Berlin. Elle était consacrée aux effets de mobilités religieuses sur les connexions et la production d’espaces transnationaux entre l’Afrique subsaharienne et le Maroc. Puis, après un séjour à Oxford, j’ai commencé un contrat de post-doc au Maroc. Ce nouveau projet portait sur les "églises des migrants au Maroc". Mon objectif était de travailler sur une forme de territorialisation religieuse qui accompagne des processus migratoires. Cette opportunité à Dakar permettait d’offrir une nouvelle notion plus comparative au sujet. À Dakar en effet, on retrouve aussi des églises de migrants informelles qui se bureaucratisent et produisent des papiers d’identité. Le projet pilote mettait beaucoup l’accent sur la matérialité : comment sont utilisées les papiers d’identités dans les sociétés africaines, quelle est la vie sociale de ces documents bureaucratiques ?
Quel bilan tirez-vous de ce projet à Dakar ?
Amadou Dramé : Pour moi qui ai fait mes études au Sénégal, cela m’a permis d’être en contact avec d’autres doctorants et chercheurs comme Johara. En termes de réseaux, c’est intéressant parce que les liens continuent à se tisser au-delà du projet. Et cela a aussi permis d’acquérir une expérience en organisation d’évènements scientifiques.
Johara Berriane : Pour moi, comme pour mes collègues européens, c’est un apprentissage et une expérience très marquante de vivre dans un pays d’Afrique subsaharienne. Ce n’est pas juste une occasion pour faire une étude de terrain, c’est aussi un moyen de découvrir un contexte universitaire complètement différent. Il y a des différences structurelles importantes, par exemple, sur les effectifs. Un cours avec 500 étudiants est tout à fait normal à Dakar. Il y a moins de moyens et aussi une autre forme de communication quand on veut organiser une manifestation scientifique. C’était un très grand avantage d’avoir des gens comme Amadou qui ont joué le rôle d’intermédiaire.
Comment s’est déroulée la transition vers le programme « Rückkehrer » du Centre Marc Bloch ?
Johara Berriane : À travers mon séjour à Dakar, je me suis trouvée dans les réseaux franco-allemands. Grâce à l’Institut Historque allemand, j’ai eu connaissance de l’appel à candidatures du programme Rückkehrer du Centre Marc Bloch qui s’adresse à des chercheur.e.s de culture scientifique allemande qui se trouvent actuellement à l’étranger. Cela correspondait parfaitement à mon profil et j’espérais aussi pouvoir revenir à Berlin. C’est toujours très difficile de trouver un nouveau financement en Allemagne quand on n’est pas sur place, donc ce programme était vraiment bienvenu. L’idée du programme était aussi de renouer les liens avec les institutions allemandes. J’ai ainsi pu enseigner le semestre dernier à l’institut für Europäische Ethnologie de l’Université Humboldt. Le semestre prochain, je donne un cours à l’Institut für Asien- und Afrikawissenschaften de la même université.
Quel est donc le nouveau projet de recherche dans le cadre de ce programme ?
Johara Berriane : Il s’agit cette fois d’un projet sur les questions de gouvernance des mobilités en Afrique, à partir de l’étude de migrations intra-africaines. Une grande partie des recherches porte d’habitude sur les Africains en Europe, alors que la plus grande partie des mobilités a lieu sur le continent même. L’idée est de voir dans quelle mesure des acteurs non-étatiques participent à la régulation des flux migratoires. Je travaille notamment sur une organisation de l’Église catholique de Dakar qui soutient des réfugiés et des migrants en situations difficiles. Ils viennent d’Afrique de l’Ouest et centrale, ont fui des conflits politiques, sont à la recherche d’opportunités économiques ou ont été refoulés d’Afrique du Nord.
Et c’est donc au Centre Marc Bloch que vous vous êtes de nouveau croisés.
Amadou Dramé : J’ai fini mon projet à Dakar en août dernier puis j’ai reçu cette invitation au CMB par le biais de Johara. J’avais déjà pu séjourner à Berlin dans le cadre de l’école d’été organisée par l’IHA l’année précédente. Je n’ai pas hésité à venir ici car j’avais déjà entendu parler du Centre Marc Bloch. Notamment par des amis qui avaient leurs directeur.trice.s de thèse au Centre Marc Bloch. Pascale Laborier, ex-directrice, était aussi venue à Dakar. Ce séjour ici me permet de discuter d’autres approches méthodologiques avec les chercheurs, comme par exemple Léa Renard et toute l’équipe qui travaille sur la recherche statistique. Léa et moi exploitons les fonds numérisés disponibles aux archives fédérales (Bundesarchiv) sur la surveillance de l’islam dans les colonies allemandes du Cameroun et du Togo. L’objectif de ce travail est de voir comment les administrations allemandes et françaises ont cherché à collaborer pour surveiller les mobilités trans-impériales.
Un axe intéressant dans mes recherches porte sur la surveillance de l’État. En Afrique de l’Ouest, la conception musulmane de l’espace est un espace religieux qui va au-delà des frontières administratives tracées par l’administration coloniale française ou, maintenant, par les États indépendants. À partir de mars, je serai à l’université de Michigan, mais l’objectif principal reste d’avoir un poste permanent dans une université sénégalaise.
Texte et photos : Sébastien Vannier
Une histoire de la folie en Afrique
Romain Tiquet est chargé de recherche CNRS à l’IMAF (Institut des Mondes Africains) d’Aix-en-Provence. Ses recherches ont porté sur l’histoire de la police, du travail forcé, de la prison et plus largement de la répression de la marginalité urbaine en Afrique de l’Ouest. C’est dans ce cadre qu’il a organisé en 2016 au Centre Marc Bloch deux journées d’études franco-allemandes avec Fabien Jobard sur les politiques de l’ordre en Afrique. En 2019, il a obtenu un Starting Grant du European Research Council (ERC).
Mon nouveau projet de recherche propose une histoire de la folie en Afrique de l’Ouest au XXe siècle. Le thème de la folie sur le continent africain, particulièrement analysé par la sociologie ou l’anthropologie, demeure pour l’instant un angle mort des recherches historiques.
Ce projet de recherche jette alors les bases de la première étude comparée et connectée de la folie à travers trois territoires ouest-africains: le Sénégal, la Haute-Volta (devenue Burkina Faso) et la Gold Coast (devenue Ghana). Cette comparaison permet d’interroger sur la longue durée et dans des territoires des Empires français et britannique la diversité des situations locales, les connexions et les circulations des discours, des pratiques et des acteurs.
La folie doit être entendue avant tout comme une catégorie sur laquelle des croyances et des savoirs (cliniques, politiques, etc.) sont projetés et sur laquelle un contrôle social est envisagé. Le processus de qualification, de labeling, d’étiquetage de la folie est au cœur de ce projet. Plus largement, cela incite à croiser les représentations multiples de la folie, entre celles construites par les autorités (post)coloniales dans une dynamique de péjoration et celles, multiples, des sociétés africaines qui érigent pour la plupart l’acceptation et la prise en charge collective de la folie, entendue comme un phénomène sacré, mystique ou magique.
Ce projet souhaite sortir du cadre limité de l’internement psychiatrique pour interroger la multiplicité des lieux où se rencontre le trouble mental (rue, tribunal, prison, poste de police, village, etc.). Il questionne l’ordinaire de la folie au travers d’une étude au « ras des sources » et au « ras du sol » en intégrant l’analyse à plusieurs échelles, du local au transnational, afin de rendre compte du fossé entre discours, pratiques et expériences individuelles de la folie. Je mobilise une diversité de sources écrites (archives administratives, presse), dont certaines encore jamais explorées dans le contexte africain (archives psychiatriques, dossiers de patient.e.s), mais aussi des sources iconographiques et orales.
Ce projet s’organise autour de trois axes de recherche complémentaires. Le premier interroge de manière comparée et sur la longue durée les représentations diverses mais aussi l’émergence et l’utilisation de définitions multiples du désordre mental pour caractériser, identifier et contrôler les populations pendant la période coloniale et postcoloniale. Ce projet s’intéresse à la fois aux discours et pratiques produits par le politique et les sociétés sur la folie en Afrique, mais interroge aussi ce que dit la folie du politique et de la société sur le continent. Dans un second axe de recherche, je m’intéresse aux différentes formes de prise en charge de la folie, que ce soit dans le cadre de la clinique psychiatrique et de l’enfermement asilaire ou de la gestion répressive et policière du désordre mental par différentes autorités. Enfin, dans un troisième axe de recherche, ce projet opère un changement d’échelle pour se concentrer sur les individus, sur les « fous » et « folles », envisagés non pas comme simples objets d’un savoir politique ou médical mais comme sujets et acteurs de leurs propres histoires.
L’histoire de la folie en Afrique de l’Ouest permet d’opérer un double décentrement aux potentialités heuristiques multiples. Premièrement, une histoire de la folie à partir de l’Afrique de l’Ouest permet d’éclairer par les marges l’histoire de l’État et des sociétés ouest-africaines pendant les périodes coloniales et postcoloniales. Deuxièmement, l’étude du désordre mental en Afrique de l’Ouest en dehors de son aspect strictement psychiatrique permet de proposer une analyse renouvelée de l’histoire de la folie et de l’insérer dans une perspective plus globale.
À partir du dernier trimestre 2020 et pour une durée de 5 ans, une partie de ce projet sera financé par un ERC Starting Grant. Une équipe de recherche de trois personnes se concentrera plus particulièrement sur la période des décolonisations ainsi que sur les premières décennies après les indépendances en Afrique de l’Ouest. Trois projets de recherche, mettant au cœur de l’analyse les circulations et connexions entre le continent africain et européen, seront alors développés. Des collaborations avec les équipes de recherche du CMB sont à ce titre envisagées.
Texte: Romain Tiquet
Photo : Digital Library, World Health Organization
Romain Tiquet: Eine Geschichte des Wahnsinns in Westafrika
Romain Tiquets Forschungsprojekt legt den Grundstein für die erste vergleichende Studie über Wahnsinn in drei westafrikanischen Gebieten. Es hat zwei Ziele: über den begrenzten Rahmen der psychiatrischen Internierung hinauszugehen, um die Vielfalt der Orte zu hinterfragen, an denen psychische Störungen auftreten, und den Alltag des Wahnsinns auf mehreren Ebenen, von lokal bis transnational, zu beleuchten. Dieses Projekt wird ab Ende 2020 für eine Dauer von 5 Jahren durch einen ERC Starting Grant finanziert.
Devenirs africains de la philosophie
« Existe-t-il une philosophie africaine ? » La singularité de cette question tient à son présupposé : il n’y a et il n’y aurait de philosophie qu’occidentale. La genèse et les filiations de la philosophie seraient indéfectiblement attachées à un territoire. Une origine : la Grèce. Une terre d’élection : l’Europe. Dans les années cinquante, la « querelle de la philosophie africaine » (Boulaga) saisit toute l’Afrique intellectuelle francophone. Suscitée par la réception du livre du R.P. Placide Tempels La philosophie bantoue (1945), cette querelle interrogea l’existence de pratiques philosophiques proprement africaines. Partisans et contempteurs de l’ethnophilosophie, soit l’idée qu’il existe une philosophie collective, portée inconsciemment par des groupes humains, s’opposèrent.
Les premiers défendirent l’idée que l’étude des langues, des traditions orales, l’usage des matériaux ethnologiques constituaient des outils privilégiés pour mettre en lumière la philosophie d’un peuple, soit une vision du monde homogène, rationnellement structurée. Des penseurs comme Fabien Eboussi Boulaga, Valentin Yves Mudimbe, Paulin Hountondji, Marcien Towa, démontèrent le caractère unanimiste de cette compréhension de la philosophie, reposant sur la collecte des données des savoirs coloniaux et développant une vision muséale des mondes africains.
On peut toutefois reprendre le questionnement de cette querelle et en opérer une double lecture clinique et critique. Que dit-il, tout d’abord, de la condition du sujet africain dans l’ordre du savoir ? Et que dit-il, ensuite, de la manière dont la philosophie s’est historiquement constituée comme discipline en Occident ?
Dans La Crise du Muntu (1977), Fabien Eboussi Boulaga interroge le désir de philosophie exprimé par le Muntu, le sujet africain. La Crise du Muntu – crise de l’humain – désigne, subjectivement, la condition historique faite à l’homme et à la femme africaine dont l’univers de sens s’est effondré avec la colonisation ; objectivement, elle renvoie à une crise des humanités en Afrique : avec quelle langue, quelle grammaire, sortir de la défaite imposée par la domination coloniale ? La revendication du droit à la philosophie doit être analysée dans le contexte de cette double crise. Elle manifeste le désir mimétique du vaincu d’être reconnu par son maître, en s’attribuant les symboles présumés de sa puissance.
Au-delà de cette interprétation clinique et subjective du débat sur l’existence d’une philosophie africaine, on peut également interroger frontalement son présupposé. Les géographies de la philosophie sont-elles exclusivement occidentales ? Faut-il considérer que « philosophie occidentale » constitue un « pléonasme » (Boulaga) ?
Ce questionnement sur les topologies de la philosophie prend une double forme critique et positive. Il s’agit tout d’abord d’interroger l’histoire de la philosophie en Europe comme discipline codée axiologiquement. Des approches aussi distinctes méthodologiquement que la sociologie des idées, les courants philosophiques postmodernes (Deleuze, Guattari, Derrida), les féminismes (intersectionnels, décoloniaux), les études postcoloniales et le tournant décolonial ont opéré un démontage radical du canon philosophique en mettant en lumière les gestes d’exclusion à partir desquels il se forma dès la fin du XVIIIe siècle en Allemagne, et au début du XIXe siècle en France. Les bannissements sont multiples : pensées arabes, chinoises, africaines…
Cette critique du canon philosophique occidental s’accompagne d’un autre projet, positif cette fois, de reconstitution de l’histoire intellectuelle du continent africain. Les travaux de l’historien Cheikh Anta Diop redessinent les routes philosophiques entre la Grèce et l’Egypte ancienne – désenclavant l’histoire du continent. Migrations, circulations : pendant des siècles, des êtres humains, des biens mais aussi des idées ont voyagé et dialogué sur le continent. Ré-historicisation, longue durée : l’Égypte symbolise la possibilité de penser des humanités africaines anciennes. Pour Souleymane Bachir Diagne, il faut s’atteler à retracer l’histoire philosophique du continent. A companion to African philosophy, dirigé par le philosophe Kwasi Wiredu et paru en 2003, allant de la philosophie africaine ancienne (Egypte) aux théories contemporains est une contribution majeure à l’écriture de cette histoire. Le champ des Timbuktu studies vise à suivre les cheminements du savoir dans les grands centres intellectuels islamiques de l’ouest africain dès le XVe siècle.
La constitution de ces nouvelles routes de la philosophie implique un travail autoréflexif sur les codes, les langages de la discipline telle qu’elle est enseignée dans les universités à l’échelle globale. L’écrit n’est pas le medium privilégié de la philosophie – on peut envisager une pratique philosophique orale affectant notre compréhension de ce qu’est un texte ou une pratique critique. Il n’existe pas de langue philosophique naturelle – la traduction devenant une pratique philosophique spécifique.
L’importance des écritures philosophiques contemporaines qui se tissent depuis l’Afrique ne repose pas sur l’affirmation d’une spécificité philosophique africaine, qui emprisonnerait le signe africain dans l’altérité absolue. Ces écritures témoignent d’une échappée salutaire : le refus de confiner les expériences africaines dans la factualité propre aux sciences sociales et aux récits ethnographiques.
Texte: Nadia Yala Kisukidi
Nadia Yala Kisukidi, maîtresse de conférences en Philosophie à l’Université Paris 8 Vincennes Saint-Denis, interviendra au Centre Marc Bloch en novembre 2020.
Photo : Librairie Présence Africaine à Paris
Zur afrikanischen Philosophie
Schon die Frage, ob es „eine afrikanische Philosophie“ gebe, setzt implizit voraus, dass die Philosophie an sich westlich sei. Nadia Yala Kisukidi dekonstruiert diese Frage, die spätestens seit der Polemik um Placide Tempels’ Bantu-Philosophie in den französischsprachigen Teilen Afrikas umfassend diskutiert wurde. Sie zeigt dabei, dass beispielsweise Fabien Eboussi Boulaga oder Souleymane Bachir Diagne in ihren Texten die Philosophie vom Standpunkt einer afrikanischen Subjektivität auf die Probe stellen, sie im Hinblick auf ihre disziplinäre Genese befragen und so neue Wege des philosophischen Denkens eröffnen.
Junges Forum : « Penser la violence en Afrique »
Le Centre Marc Bloch organisera en juin 2020 un Junges Forum intitulé « Penser la violence en Afrique au travers de l’expérience des femmes : vulnérabilité et subversion ». Ces deux journées d’étude (29 et 30 juin) seront consacrées à la manière de penser, de dire, les phénomènes de violence en Afrique autour de l’expérience des femmes dans une perspective interdisciplinaire. Elles sont organisées par le Centre Marc Bloch en partenariat avec l’Institut für Asien- und Afrikawissenschaften (Humboldt-Universität) et l’Institut für Ethnologie de la Goethe-Universität Francfort-sur-le-Main.
L’enjeu est de penser la violence au travers de différentes disciplines entre, d’un côté, une approche ethnographique propre à l’anthropologie et la sociologie (ou encore dans une autre mesure, la psychologie) et, de l’autre, une approche qui s’intéresse aux manières de retranscrire et de traduire la violence, via notamment les sciences littéraires ou cinématographiques. Outre les Gender Studies, les sciences historiques seront également incluses, proposant en complément une mise en perspective entre les différentes temporalités.
Les travaux s’organiseront autour de plusieurs axes. Le premier s’attachera à cerner les concepts engagés en contexte africain comme celui de la vulnérabilité. Le deuxième axe s’intéressera à la résistance, à la subversion des phénomènes de violence genrée en contexte africain au travers par exemple de clés de lecture comme « l’éthique du care », c’est-à-dire dans une logique décrite comme « féministe » en portant un regard sur le réel, ce que Sandra Laugier qualifie de « vraiment humain ». Le troisième axe s’attachera à comprendre la manière de représenter ces expériences via différents médias, qu’ils soient littéraires, cinématographiques ou liés aux nouvelles technologies, témoignages ou récits fictionnels.
Ces journées combineront des communications de jeunes chercheur.e.s (doctorant.e.s et postdoctorant.e.s) et des discussions avec des chercheur.e.s expérimenté.e.s. Cette diversité devra permettre de penser cette violence « entre » les langues et d’ouvrir des espaces de communication interculturelle autour de ces expériences.
Le Junges Forum résulte de la volonté institutionnelle du Centre Marc Bloch de favoriser l’intégration des jeunes chercheur.e.s au sein du paysage universitaire berlinois, et de promouvoir l’émergence de thématiques encore peu représentées.
Contact : Isabel Schröder (IAAW/HU) et Jérémie Thérond (CMB/EHESS/JWGU)
Jungesforum2020@cmb.hu-berlin.de
Photo : National Women‘s Day protest at National University of Lesotho. © Flickr
Junges Forum "Gewalt denken. Vulnerabilität und Subversion am Beispiel der Erfahrungen von Frauen in Afrika"
Das Junge Forum mit dem Titel „Gewalt denken. Vulnerabilität und Subversion am Beispiel der Erfahrungen von Frauen in Afrika“ will sich dieser komplexen Thematik in einer kritischen, interdisziplinären Perspektive nähern und damit einerseits den Versuch unternehmen, verschiedene Formen von Gewalt (strukturell, symbolisch, sozial, familiär, politisch, sexuell) zu umreißen, und andererseits erörtern, wie diese unterlaufen, sich zu eigen gemacht und umgekehrt werden. Die zweitägige Veranstaltung richtet sich explizit an Nachwuchswissenschaftler*innen und freut sich über Beiträge aus verschiedensten Disziplinen (Anthropologie, Filmwissenschaft, Gender Studies, Geschichtswissenschaft, Literaturwissenschaft, Psychologie, Soziologie, etc.) für einen informierten, vielseitigen Austausch.
Circulations militantes, au cœur du projet DREAM
Le projet DREAM (Drafting and Enacting the Revolutions in the Arab Mediterranean, Direction: Leyla Dakhli) se penche sur les circulations militantes d’idées, de revendications, de stratégies et de formes de protestation qui ont pris forme dans les échanges des militant.e.s des Suds en exil dans les années 1960 - 1970.
Les rêves révolutionnaires, on le sait, sont souvent échafaudés dans l’exil. Ils sont aussi le résultat d’échanges et de collaborations qui résultent de rencontres. Au cœur du projet de recherche, il y a un travail sur les circulations militantes. Les jeunes femmes et hommes issu.e.s de la Méditerranée du Sud circulent dans des espaces dont ils ne connaissent pas toujours les codes et qui les amènent à construire des alternatives aux politiques qui s’exercent dans leurs pays.
Certaines de ces circulations sont le résultat des colonisations et les militant.e.s des années 1960-1970, comme leurs prédécesseurs anticolonialistes, peuvent se rencontrer et s’organiser dans la « métropole », c’est-à-dire pour le monde colonial français, dans les usines Renault ou les foyers Sonacotra, sur les bancs de la Sorbonne ou à la Cité universitaire internationale du Boulevard Jourdan, pour ne nommer que quelques lieux symboliques.
D’autres circulations relèvent plus d’affinités politiques entretenues par les régimes postcoloniaux ou par les militant.e.s elles-/eux-mêmes. On sait qu’une partie des intellectuel.le.s et artistes syrien.ne.s furent formé.e.s dans le monde socialiste – les cinéastes au célèbre Institut National de la Cinématographie de Moscou, par exemple – et qu’ils et elles ont pu en ramener une esthétique autant qu’une vision critique du totalitarisme.
Dans ces deux cas comme dans d’autres encore, ces lieux sont ceux où se rencontrent des aspirations issues de différents mondes. À Moscou se croisent des jeunesses arabes, mais aussi sud-américaines et africaines, comme le raconte le réalisateur syrien Ossama Mohammed (aujourd’hui exilé en France), qui partageait sa chambre avec un musicien sud-américain dans le foyer pour étudiants étrangers. À Paris, les militant.e.s tunisien.ne.s racontent avoir « rencontré » le monde arabe dans les années 1960-1970, en particulier les Palestinien.ne.s et la question palestinienne. Et c’est d’ailleurs de Paris que partent quelques militant.e.s d’extrême-gauche déterminé.e.s à apprendre à manier les armes pour atterrir dans un camp palestinien du Liban, sous la supervision des leaders du FPLP (Front Populaire de Libération de la Palestine), comme le raconte l’un d’entre eux dans ses Mémoires. D’autres iront trouver l’inspiration au Dhofar – Sultanat d’Oman – en rébellion, au Yémen du sud révolutionnaire, ou encore bien entendu trouveront refuge dans la « Mecque de la Révolution », l’Algérie des années 1962 et suivantes.
Pour l’équipe de DREAM, ces histoires permettent de construire des trajectoires militantes et d’éclairer les circulations d’idées et de stratégies qui sont observables dans les mobilisations, dans les textes, les projections, dans la forme même des protestations. Elles sont aussi des jalons pour construire une histoire à partir d’archives dispersées et fragiles. Les territoires de passage sont des territoires où les révolutionnaires arabes sont observé.e.s, et donc laissent des traces dans les archives, celles de la police, celle des institutions.
À cet égard, l’ouverture des archives de la Cité universitaire internationale de Paris devrait permettre de compléter l’image que l’on se fait des activités qui y sont menées par les étudiant.e.s des Suds dont celles et ceux issu.e.s du monde arabe. Les archives soviétiques et celles des pays du bloc socialiste sont quant à elles riches en information sur des groupes politiques, généralement communistes, des initiatives culturelles ou même des coopérations. À Sofia, on trouve les documents concernant des rencontres entre les partis ouvriers et communistes de la région (Conference of Communist and Workers’ Parties of the Region of the East Mediterranean, Near and Middle East and the Red Sea), organisées dans les années 1980.
Les circulations militantes sont donc un moyen d’élaborer des territoires archivistiques pour documenter une histoire dont les traces sont parfois infimes dans les pays eux-mêmes. Connecter ces archives, refaire les gestes de ces rencontres, c’est aussi accéder à des strates d’histoires militantes complexes, très rarement linéaires, faites de situations et de solidarités construites.
Aujourd’hui encore, il est possible de travailler sur les circulations militantes, qui se traduisent par des circulations de pratiques et de slogans : le fameux « dégage » de la révolution tunisienne devient « irhal » en Egypte (va-t-en), « yetnahaou Gaa» en Algérie (qu’ils s’arrachent tous) ou « Kullun Yaani Kullun » au Liban (tous, c’est-à-dire tous) ; ou alors le non moins célèbre « le peuple veut la chute du régime » qui admet toutes sortes de déclinaisons, sans forcément qu’il y ait de lien direct entre les activistes, juste une communauté de condition, un partage de colère.
Texte: Leyla Dakhli
Photo: Che Guevara wearing a keffiyeh. Carlos Latuff, 2002.
Zirkulationen des Aktivismus - DREAM
Das ERC-Projekt DREAM (Drafting and Enacting the Revolutions in the Arab Mediterranean, Leitung: Leyla Dakhli) untersucht die Zirkulation militanter Ideen, Forderungen, Strategien und Protestformen, die durch den Austausch von Aktivisten aus dem Süden im Exil in den 1960er und 1970er-Jahren Gestalt angenommen haben. Die Treffen dieser jungen Exilant*innen finden an Bildungsstätten (Sorbonne in Paris, Nationales Institut für Kinematographie in Moskau, usw.) oder im Rahmen von Kooperationen statt, die von den kommunistischen Parteien des Ostens organisiert werden. Auch wenn aufgrund der Kolonialgeschichte und des politischen und kulturellen Gewichts der UdSSR viele dieser Annäherungen in Europa stattfinden, sehen die Länder des südlichen Mittelmeerraums, dass sich Aktivist*innen aus den Nachbarländern auf Revolutionen und aufkommende Konflikte einlassen (Algerien nach 1962 oder die FPLP-Lager im Libanon). Um diese militanten Bahnen und die Verbreitung von Ideen zu verfolgen und zu rekonstruieren, bilden die Archive der Polizei und der Institutionen der Aufnahmeländer privilegierte, aber verstreute und fragile Datenquellen.
Wer gehört zu Europa?
Die soziologische Europaforschung beschäftigt sich seit Langem mit dem Einfluss der europäischen Bürger und Bürgerinnen auf Europa und die Europäische Union (EU). Um diese Europäisierung "von unten" zu untersuchen, fragen derzeit zahlreiche Studien nach transnationalen, also grenzübergreifenden, Praktiken. Dazu gehört zum Beispiel intra-europäische Mobilität, um Urlaub zu machen, Freunde und Familienmitglieder zu besuchen, in einem anderen Land zu arbeiten oder zu studieren. Neben diesem praktischen Transnationalismus gibt es auch den virtuell-symbolischen. Hierzu gehört zum Beispiel, wenn eine Person eine*n Partner*in aus einem anderen Land hat, wenn Familie und Freunde in einem anderen Land wohnen und Kommunikation über Landesgrenzen hinweg stattfindet. Generell zeigt sich, dass Mobilität eine Quelle von sozialer Ungleichheit ist: Es sind vor allem die jüngeren, gut ausgebildeten und gut verdienenden Menschen, die oft in andere europäische Länder reisen. Außerdem hat sich gezeigt, dass grenzübergreifende Mobilität und europäische Identifikation eng miteinander zusammenhängen. Diejenigen, die mobil sind oder waren, fühlen sich eher europäisch.
Auffällig an diesen Studien ist, dass sie sich in den allermeisten Fällen auf Transnationalismus der "weißen" Mehrheitsgesellschaft beziehen, aber den Beitrag zur Europäisierung von Migrant*innen und ihren Nachkommen (also der zweiten Generation) außer Acht lassen (für Ausnahmen siehe Recchi u. a. 2019; Teney, Hanquinet, und Bürkin 2016). Dabei sind Migrant*innen und ihre Nachkommen zweifelsohne ein wichtiger Teil Europas. In Deutschland hat zum Beispiel ein Viertel der Bevölkerung einen Migrationshintergrund, davon circa zwei Drittel mit eigener Migrationserfahrung. Die meisten Studien zu Transnationalismus von Migrant*innen haben den Nachteil, dass sie sich lediglich auf Beziehungen zwischen dem Wohnsitz- und dem Herkunftsland beziehen.
Seit einigen Jahren mehren sich Studien in der Migrationsforschung zu Phänomenen wie
onward oder secondary migration. Diese zeigen, dass auch nach Europa migrierte Personen, z.B. aus Südamerika oder Afrika, nicht unbedingt in ihrem Ankunftsland bleiben, sondern weiterhin mobil sind und aus verschiedenen Gründen in ein anderes europäisches Land ziehen.
Dies gilt sowohl für Migrant*innen, die europäische Staatsbürger*innen geworden sind, wie auch für ‘illegale‘ Migrant*innen wie Asylbewerber*innen, deren Antrag noch nicht entschieden ist oder abgelehnt worden ist Diese Mobilität wird allerdings weiterhin als Migration verstanden, nicht als intra-europäische Mobilität (Schapendonk 2017).
Während diese Studien zwar die intra-europäische Mobilität von Migrant*innen aufzeigen, sagen sie nichts aus über die affektiv-emotionale Verbindung zu Europa. Wir wissen also nicht, wie sich Mobilitätserfahrungen auswirken.
Was bedeutet Europa für Migrant*innen und ihre Nachkommen? Fühlen sich die Personen europäisch oder überwiegen Erfahrungen mit Diskriminierung, die eine europäische Identifikation verhindern? Welche Einstellung haben die Personen zur EU? Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir eine postkoloniale Perspektive einnehmen, die auch Migrant*innen und vor allem ihre Nachkommen als Europäer*innen betrachtet, nicht als "die Anderen" (Bhambra 2016).
Darauf aufbauend beschäftigt sich mein Projekt mit Transnationalismus von Muslim*innen und People of Color / People of African Descent. Ich untersuche also verschiedene Formen von Transnationalismus (grenzübergreifende Mobilität, Familien- und Freundschaftsnetzwerke, politisches Engagement, Medienkonsum), die innerhalb sowie außerhalb Europas verortet sind, und frage zudem, welche Bedeutung Europa sowie die EU für die Befragten haben.
Meine Interviewpartner*innen gehören der zweiten Generation an, das heißt, sie sind in Europa (genauer: Deutschland oder Frankreich) geboren beziehungsweise als Kinder nach Europa eingewandert und dort sozialisiert worden.
Diskriminierung schränkt Mobilität nicht ein, kann aber einen Einfluss auf die Zielorte haben. So erzählt z.B. ein Interviewpartner, dass er am liebsten nach Spanien, Italien oder Griechenland in den Urlaub fahre, da er dort nicht auffalle. In Deutschland werde er als "Türke" gesehen, in der Türkei als "Deutscher". In den südeuropäischen Ländern frage ihn niemand nach seiner Herkunft, da er einer "von ihnen" sein könnte. Es zeigen sich auch andere Muster, z.B. dass Mobilität häufig in Städte stattfindet (siehe Abbildung). Die Identifikation mit Europa variiert stark und reicht von Ablehnung und Unverständnis bis hin zu einer starken Verfechtung des europäischen Ideals.
Schon diese ersten Ergebnisse zeigen, dass die zweite Generation den europäischen Raum nutzt, dass ihre Erfahrungen mit Diskriminierung allerdings einen entscheidenden Einfluss sowohl auf Mobilität wie auch auf die Identifikation mit Europa haben können.
Text: Christine Barwick
Abbildungen aus den Gesprächen mit Studienteilnehmer*innen
Qui fait partie de l'Europe?
Les études sociologiques sur l’Europe analysent depuis longtemps la manière dont les Europeén.n e.s influencent l’Europe et l’Union Européenne à travers leurs pratiques transnationales. Ces travaux ont montré que la mobilité intra-européenne est liée à une identification plus forte à l’Europe. En revanche, ces questions n’ont pas encore été étudiées pour le cas des migrant.e.s et de leurs descendant.e.s, alors même qu’ils et elles constituent une partie importante de l’Europe.
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