Konferenz

Steuerhinterziehung: Schärfe des Gesetzes, Wohlwollen der Praxis

25. April | 18:00

Die Sozialen Bedingungen des Rechts 

Rechtssoziologische Vorlesungsreihe im Sommersemester 2017

 

Vortrag: Alexis Spire (CNRS, Institut de recherche interdisciplinaire sur les enjeux sociaux, Paris) und Katia Weidenfeld (Ecole nationale des chartes, Paris)

Ort: Humboldt-Universität, Juristische Fakultät, Bebelplatz 2, Seminarraum 144.

VeranstalterInnen: Fabien Jobard (CMB, Politikissenschafter), Andrea Kretschmann (CMB, Soziologin und Kriminologin), Christoph Möllers (HU Berlin, Rechtswissenschaftler)

Organisator

Centre Marc Bloch, Juristische Fakultät HU Berlin

Kontakt

Andrea Kretschmann
kretschmann  ( at )  cmb.hu-berlin.de

Programm

Die Auseinandersetzung mit Recht als einem sozialen Phänomen begleiten die Rechts- und Sozialwissenschaften von Beginn an. So fragt bereits Émile Durkheim, indem er zwischen einem repressiven Recht in mechanischen und einem wiedergutmachenden Recht in organischen Gesellschaften unterscheidet, nach jeweils spezifischen rechtlichen Formen unterschiedlich verfasster Gesellschaften. Und Max Weber widmet dem Recht Aufmerksamkeit als einem durch menschliches Handeln und Deuten hervorgebrachtes soziales Produkt. Die Rolle des Rechts für moderne Gesellschaften wird dabei bis heute keineswegs einheitlich bestimmt. Auf der einen Seite verweisen Studien etwa auf Recht als herrschaftsstabilisierendes Moment: Mit Blick auf zwingende oder sich selbst reproduzierende Ansprüche rechtlicher Logiken machen sie sichtbar, wie Recht zur Bewahrung bestehender sozialer Ordnungen eingesetzt wird. Auf der anderen Seite rücken Studien Recht in seinen emanzipatorischen Formen in den Vordergrund. Sie verfolgen jene Spuren, entlang derer Recht etwa zur Setzung neuer sozialer Wirklichkeiten und zur Durchsetzung bisher nicht berücksichtigter Ansprüche eingesetzt wird, so etwa im Cause Lawyering – wobei hier die Durchlässigkeit des Rechts für Kämpfe in anderen sozialen Sphären betont wird. Die Ringvorlesung nimmt die jüngere Entwicklung dieser wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Recht in den Blick. Unter Integration soziologischer, politikwissenschaftlicher und historischer Perspektiven auf das Recht, insbesondere aus der französischsprachigen Wissenschaftstradition, fragt sie nach der gegenwärtigen und der historischen Rolle des Rechts in modernen Gesellschaften.

 

Präsentation des Vortrags "Steuerhinterziehung: Schärfe des Gesetzes, Wohlwollen der Praxis" auf Französisch:

La répression de la fraude fiscale et, plus généralement, de la délinquance économique et financière, présente une incongruité empirique, qui soulève des interrogations sociologiques de premier plan. Une incongruité empirique et quantitative : alors que la justice pénale française est de plus en plus sévère et que des peines de prison sont de plus en plus fréquentes et de  plus en plus longues, alors que les lois pénales sont de plus en plus répressives, même celles visant la délinquance fiscale, on ne compte pas un seul individu en France qui soit actuellement détenu pour infraction fiscale. Faut-il en conclure que la norme de droit est impuissante ? Si elle l’est vraiment, pourquoi la fraude fiscale n’est pas plus répandue qu’elle ne l’est actuellement ? Quel ordre de sanction et quelle normativité se substituent alors à l’ordre pénal ? Alexis Spire et Katia Weidenfeld présentent le fruit d’une recherche unique sur les mécaniques de la répression de la fraude fiscale, recherche fondée sur une analyse quantitative de plusieurs centaines de dossiers de fraude et des dizaines d’entretiens qualitatifs avec les acteurs répressifs. 

 

 

Ort

Humboldt-Universität, Juristische Fakultät
Bebelplatz 2