Lucie Lamy | Assoziierte Doktorandin
Mutterinstitut
:
Université Paris Cité
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Position
:
Doktorandin
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Fachbereich
:
Zeitgenössische Geschichte
,
Germanistik
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Biographie
Lucie Lamy ist Doktorandin und lehrt an der Université Paris Cité . Sie studierte deutsche Geschichte im Master an der Universität Sorbonne Nouvelle Paris 3 (Studiengang in Zusammenarbeit mit der Universität Paris 7 Diderot) und bestand 2017 die "Agrégation" (Staatsexamen) im Fach Deutsch. Sie lernte außerdem lettisch an der INALCO (Paris) und russisch an der Humboldt Universität (Berlin). Am Marc Bloch Zentrum forscht sie seit September 2018, zunächst als wissenschaftliche Mitarbeiterin (2018-2022), später als Stipendiatin der Studienstiftung des Abgeordnetenhauses von Berlin (2022-2023) und im Rahmen des Abschlussstipendiums des Marc Bloch Zentrums. Am Marc Bloch Zentrum ko-organisierte sie u.a. das Forschungsseminar "Mobilität, Migration und räumliche Neuordnung" (2019-2023), die Tagung "(Post)Migration und Konflikte" (Februar 2021) und das Workshop "Border Studies at Intersections of Subject Boundaries" (Dezember 2021). Sie unterrichtete zudem als Lehrbeauftragte am Institut für Geschichtswissenschaften der Humboldt Universität im Sommersemester 2020, führte an der University of Latvia in Riga einen Forschungsaufenthalt im Rahmen des Latvian State Fellowship for Research (März-Juni 2021) durch und besuchte das Centre Canadien d'Études Allemandes et Européennes in Montreal im Rahmen des Programms für internationale Mobilitäten des Marc Bloch Zentrums im September-Oktober 2023.
Forschungsthema
- Deutsch-Balten seit dem Zweiten Weltkrieg in BRD und DDR
- Deutsche Minderheiten in den Sowjetrepubliken Estland und Lettland / in den unabhängigen estnischen und lettischen Staaten
- Vertriebenenverbände
- Antikommunismus in der BRD
- transnationale Geschichte
-Postmigration und Mobilitäten
Titel der Dissertation
Nach dem Zweiten Weltkrieg „Deutsch-Balte“ sein oder werden (1945–2004)
Zusammenfassung der Dissertation
Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden die deutschsprachigen Minderheiten Estlands und Lettlands – die sogenannten „Deutsch-Balten“ – von den nationalsozialistischen Machthabern ins „Dritte Reich“ „umgesiedelt“ und hörten damit auf, in ihrer historischen Form zu existieren. Diese Episode der radikalen Ethnisierung ihrer Lebenswege veränderte unwiderruflich die Bedeutung des Ethnonyms „deutsch-baltisch“ und die damit verbundenen Formen der Zugehörigkeit.Deutsch-baltisch zu sein war nach dem Zweiten Weltkrieg eine Realität, die sich durch Raum und Zeit auf unterschiedliche Weise neu zusammensetzte: so war es möglich, in Westdeutschland ein „deutsch-baltischer Vertriebener“, in Ostdeutschland ein „deutsch-baltischer Umsiedler“, in Sowjetestland oder -lettland ein „Sowjetbürger deutscher Nationalität“, oder in den unabhängigen estnischen und lettischen Staaten ein „ethnischer Deutscher“ zu werden und später wieder aufzuhören zu sein. Diese Kategorien, die zugleich als juristisch-administrative Status, kollektive Organisationsprinzipien und diskursive oder emotionale Projektionsflächen fungieren, prägen ebenso viele Versionen des „Deutschbaltentums“. Die Untersuchung ihrer Ausarbeitung, Anwendungsmodalitäten und Wahrnehmung durch die Betroffenen legt an den Tag, wie Zugehörigkeiten an der Schnittstelle von institutionellen, kollektiven und persönlichen Realitäten hergestellt werden. Die Erforschung dieser unterschiedlichen Kontexte und die Abkehr von diasporischen, homogenisierenden Ansätzen ermöglichen eine kontrastierende Darstellung der Mechanismen der Institutionalisierung des Ethnischen unter verschiedenen politischen Regimen. Während das Stigma der „deutschen Nationalität“ in der Sowjetunion einer askriptiven Logik folgt und Zuweisungskriterien produziert, die den Betroffenen fremd sind, modifizieren die Hüter des Deutschbaltentums in Westdeutschland sowie in den unabhängigen estnischen und lettischen Staaten die Auswahlkriterien in einem restriktiven Sinne und beschränken den Zugang zu den materiellen oder symbolischen Vorteilen der Gruppenzugehörigkeit. Die Analyse der durch diese Situationen hervorgerufenen und in unterschiedliche soziale Realitäten eingebetteten Strategien der Verhandlung und der Neubestimmung der ethnischen Zugehörigkeit trägt somit zur Historisierung des „Deutschtums“ bei und verdeutlicht, wie Gemeinschaften nicht nur „imaginiert“ (Benedict Anderson), sondern auch pragmatisch geformt werden.
Institution der Dissertation
Betreuer
Nach dem Zweiten Weltkrieg „Deutsch-Balte“ sein oder werden (1945–2004)
Ethnisierung und (Im)Mobilitäten in historischer Perspektive
04.Juli 2023Lucie Lamy , Sarah Marciano
Publikationen
Artikel in wissenschaftlichen Zeitschriften
Lamy, Lucie, « Ethnisierung und (Im)Mobilitäten in historischer Perspektive », Zeitschrift für Migrationsforschung, vol. 3, n° 1, 2023, p. 5‑25, https://journals.ub.uni-osnabrueck.de/index.php/zmf/article/view/218
Lamy, Lucie, "Negotiating Freedom of Movement through Ethnic Recategorization: Strategies of ›German‹ Special Settlers from Riga, 1945–1972", Zeitschrift für Migrationsforschung – Journal of Migration Studies, vol. 3, n° 1, 2023, p. 123-148, https://journals.ub.uni-osnabrueck.de/index.php/zmf/article/view/170
Lamy, Lucie, "Defining “Baltic Germanness” in Post-Soviet Latvia and Estonia: Ethnic Germans’ Life Stories between East and West", History of Communism in Europe, XI, 2020, p. 167‑188.
Lamy, Lucie, « Un « voyage dans le passé » ? Le tourisme du souvenir comme pratique culturelle mémorielle », Matériaux pour l’histoire de notre temps, n°133‑134, 2019, p. 66‑69, https://www.cairn.info/article.php?ID_ARTICLE=MATE_133-134_0066
Herausgeberschaft
Ethnisierung und (Im)Mobilitäten in historischer Perspektive / Ethnicization and (Im)Mobilities in Historical Perspective, éd. L. Lamy, S. Marciano, Osnabrück, IMIS, 2023 (Zeitschrift für Migrationsforschung, (1) 3), https://journals.ub.uni-osnabrueck.de/index.php/zmf/issue/view/30