Lampedusa, Erinnerungsort im Mittelmeer
21. Juni
Die Arbeitsgruppe « Migration, Territorium, Gesellschaft » organisiert im Herbst diesen Jahres eine Veranstaltung, die sich mit der Insel Lampedusa befasst.
Den meisten Europäern ist diese Insel aufgrund ihrer starken Präsenz in den Medien bekannt. Sie wird als ein entlegener Ort der Überwachung und als Kontrollpunkt all jener Menschen dargestellt, die sich auf den Weg nach Europa begeben. Um die reduzierte Wahrnehmung von Lampedusa als « Endstation » zu überwinden und die Vielschichtigkeit der italienischen Insel Rechnung zu tragen, möchten wir sie als einen Ort untersuchen, der sowohl mit Schwarzafrika als auch mit dem nördlichsten Teil Europas verbundenen ist.
Aufgrund der geografische Lage der Insel (200 km südlich von Sizilien, ca. 130 km vor der Küste Tunesiens und 260 km vor der Küste Libyens gelegen), stellt sie heute einen Grenzwachposten dar. Ursprünglich war sie jedoch Kreuzungspunkt von Händlern und Reisenden, sowie Zufluchtsort politischer Gegner des faschistischen Regimes. Dass Lampedusa heute eine symbolische Grenze darstellt, ist das Ergebnis neuerer politischer Entscheidungen, die sich aus der Geschichte der Beziehungen zwischen Nord und Süd begründen lassen.
Um diese verschiedenen Rollen der Insel Lampedusa soll es uns in der Veranstaltung im Herbst gehen. Sie soll Ausgangspunkt einer näheren Betrachtung des Mittelmeerraumes sein und dabei die Ansätze verschiedener Disziplinen zusammenbringen. Im Mittelpunkt soll dabei der historische Kontext des gesamten Gebietes stehen: die Insel und das von ihr umgebene Meer sowie die dort ankommenden Wege. Diese Herangehensweise an eine Region, deren Entwicklung sowohl durch die Nähe zu den Küsten Afrikas, als auch zum europäischen Festland geprägt ist, soll dazu beitragen, mit der gegenwärtig verbreiteten einseitigen Betrachtungsweise der Insel Lampedusa zu brechen.
Unser Ziel ist es, die Diskussion um die Frage der Migrationsbewegungen im Mittelmeer sowie die grundsätzliche Beschäftigung mit dem Mittelmeerraum aus einer anderen Perspektive heraus zu führen. Wir schlagen vor, dies in zweierlei Hinsicht zu tun.
Einerseits rufen wir Historiker, Anthropologen und Geografen auf, sich der Insel nicht nur vor dem Hintergrund der dramatischen Ereignisse der letzten Jahre anzunähern, sondern jene Wege durch das Mittelmehr zu beschreiben, die Lampedusa seit der Antike bis in die heutige Zeit durchkreuzt und geprägt haben.
Andererseits soll unsere Veranstaltung eine künstlerische Dimension tragen, indem das Thema in intellektuell-künstlerischer Form zum Ausdruck gebracht werden soll.
Wir möchten einen unveröffentlichten Dokumentarfilm zeigen, literarische Texte vorstellen sowie originelle Forschungsprojekte präsentieren. Unser Anliegen ist es, dem kollektiven Gedächtnis der Insel Ausdruck zu verleihen und aufzuzeigen, wie zeitgenössische Schriftsteller, Fotografen und Künstler in verschiedenen Sprachen Lampedusa in ihre Werke einbeziehen und der Insel eine künstlerisch-literarische Bedeutung verleihen.
Leyla Dakhli
Foto: Annalisa Lendaro
Kontakt:
Leyla Dakhli
leyla.dakhli ( at ) cmb.hu-berlin.de