(ANR-DFG) CPC: Strafkulturen auf dem Kontinent – Frankreich und Deutschland im Vergleich

Staat, Recht und politischer Konflikt

Projektleitung: Fabien Jobard (CNRS / CMB), Kirstin Drenkhahn (Freie Universität Berlin), Tobias Singelnstein (Lehrstuhl für Kriminologie der Ruhr Universität in Bochum)
Fördermittelgeber: DFG-ANR
Projektpartner: CMB, Freie Universtität Berlin, Ruhr Universität Bochum, Université Paris 1 Panthéon - Sorbonne
Laufzeit: – 2021

Strafe und Kriminalität sind Aspekte des kollektiven Lebens, die in allen Gesellschaften eine zentrale Rolle spielen und deren Bedeutung in der jüngeren Vergangenheit erheblich zugenommen hat. Gleichwohl ist die Rolle der Strafe sowohl in verschiedenen Ländern, als auch in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen sehr unterschiedlich ausgeprägt. Sie wird in Medien, Politik und Bevölkerung verschieden verstanden und genutzt. Das Projekt „Strafkulturen auf dem Kontinent“ soll im Projektzeitraum von drei Jahren die Gemeinsamkeiten und Unterschiede des Umgangs mit Strafe in Deutschland und Frankreich in den genannten Bereichen und die Wechselwirkungen zwischen diesen Bereichen herausarbeiten, die als prägend für die Strafkultur einer Gesellschaft verstanden werden. Es wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Agence Nationale de la Recherche (ANR) finanziert und wird von Kirstin Drenkhahn (Freie Universität Berlin), Tobias Singelnstein (Lehrstuhl für Kriminologie der Ruhr Universität in Bochum) und Fabien Jobard (CNRS / Centre Marc Bloch) geleitet. Mathilde Darley (CNRS / Cesdip) und Nicolas Hubé (Université Paris 1 Panthéon - Sorbonne) sind dabei wissenschaftliche PartnerInnen. 


Die vergleichende Untersuchung von Strafsystemen folgt bislang meist einer makrosoziologisch geprägten Perspektive. Vor allem im Anschluss an die Arbeiten David Garlands wird dabei in der Regel eine Vielzahl von Ländern vor dem Hintergrund des Wandels gesellschaftlicher Strukturen untersucht. So konnte gezeigt werden, dass zwischen den angloamerikanischen Ländern einerseits und den kontinentaleuropäischen sowie speziell den skandinavischen Ländern andererseits grundlegende Unterschiede in der Handhabung der Strafe bestehen. Diese recht grobe Perspektive vermag es indes nicht, konkretere Unterschiede innerhalb dieser Ländergruppen zu identifizieren.


Vor diesem Hintergrund verfolgt das geplante Projekt eine neuartige, grundlegend andere Herangehensweise. Zum einen werden mit Deutschland und Frankreich nur zwei Länder in den Blick genommen, um einen detaillierteren Vergleich innerhalb der kontinentaleuropäischen Ländergruppe zu ermöglichen. Beide Länder weisen zwar erhebliche Gemeinsamkeiten bezüglich der Rechtssysteme sowie der Wirtschafts- und Sozialstruktur auf. Es bestehen aber auch grundlegende Unterschiede, etwa im Bereich des politischen Systems und der Medienstruktur, von denen erhebliche Auswirkungen auf die jeweilige Strafkultur zu erwarten sind.


Zum anderen wird die Rolle der Strafe in diesen Ländern nicht nur im Hinblick auf einzelne Indikatoren oder Strukturen untersucht. Geplant ist vielmehr eine breit angelegte Untersuchung der gesellschaftlichen Produktion der Strafe in den beiden Ländern. Dafür sollen in den Bereichen Bevölkerung, Politik und Medien jeweils mit verschiedenen qualitativen und quantitativen Methoden einerseits die Bedeutung des Strafens und deren Entwicklung untersucht werden. Andererseits werden die Einstellungen der Akteure und darauf basierende Praktiken erforscht. Auf diesem Weg kann gezeigt werden, wie Strafe in den genannten Bereichen verstanden und genutzt wird, welche Auswirkungen dies auf die jeweils anderen Bereiche hat und wie sich so die Strafkultur der Gesellschaft herstellt. Dabei sind grundlegende Differenzen zwischen Deutschland und Frankreich zu erwarten, deren Herausarbeitung wesentliche Erkenntnisse für das Verständnis der gesellschaftlichen Konstituierung von Strafkulturen verspricht.