Europa vom Süden denken
03. November | 09:30
»Schließlich blüht die modische Verneinung von Modernität, Vernunft und Aufklärung auf beiden Seiten unseres gemeinsamen Mittelmeeres.« (Sadik Jalal Al-Azm)
Die Méditerranée als eine Zone spannungsreicher Überlagerungen und als Bezugspunkt europäischer Selbstverständigung ist der Gegenstand dieses Studientags. Wie können Antworten auf die gegenwärtig virulente Krise Europas aus Analysen der Verfassung der Méditerranée entwickelt werden? Als Konfliktzone wird die mittelmeerische Welt in einer doppelten Perspektive diskutiert: zum einen mit Blick auf Verhandlungen der Zugehörigkeit zu ihr, zum anderen mit Blick auf Ausformungen von Gewalt in ihr. In einer politischen Anthropologie nicht nur aber gerade auch der katholischen Staaten der Méditerranée sieht Giovanni Levi deren Krisenhaftigkeit im Katholizismus begründet, der es erschwere eine funktionierende Staatlichkeit auszubilden und daher eine Tendenz zur diktatorischen Herrschaft in sich trage. Vor dem Hintergrund der tunesischen Revolution und einer Kritik ihrer Geschichtsschreibung diskutiert Mohamed Kerrou die meridionale Frage vom vermeintlichen Rand der Ränder aus: gegen eine in den Kapitalen des Nordens zentrierte Moderne, deren Revolutionsgeschichte noch als Muster der gegenwärtigen Umbrüche in der mediterranen Welt dienen soll, setzt er eine Umkehrung der Blickrichtung: Im Norden Afrikas, der ein Süden des europäischen Südens ist, wird gegenwärtig auch die Frage nach der Zukunft Europa gestellt. Es ist die nach der Transformationen des Erbes der Moderne – und also des Kolonialismus – in einem planetaren Horizont.
Organisator
Leyla Dakhli, Franck Hofmann, Markus Messling. In Kooperation mit dem Deutsch-Französischen Jugendwerk und der Allianz Kulturstiftung.
Kontakt
Franck Hofmann
hofmann ( at ) cmb.hu-berlin.de
Programm
9:30 Uhr
Begrüßung
Markus Messling (Centre Marc Bloch)
Elisabeth Berger (DFJW)
Einführung
Leyla Dakhli & Franck Hofmann (Centre Marc Bloch)
10.00 Uhr
Vortrag
Giovanni Levi (Università Ca’ Foscari di Venezia)
Pour une anthropologie politique des pays catholiques de la Méditerranée
Moderation: Franck Hofmann (Centre Marc Bloch)
11.00 Uhr
Table ronde
Europas Süden: Verhandlungen der Zugehörigkeit
mit
Nazan Maksudyan (Zentrum Moderner Orient Berlin)
Hanno Ehrlicher (Universität Augsburg)
Raffaele Carbone (Università Federico II di Napoli)
Sarga Moussa (CNRS)
Tanja Michalsky (MPI Kunstgeschichte Rom/Hertziana)
Moderation: Franck Hofmann (Centre Marc Bloch)
- 12.30 Uhr Mittagspause -
14.00 Uhr
Vortrag
Mohamed Kerrou (Université el-Manar de Tunis)
La marge de la marge. Actualité de la question méridionale
Moderation: Nora Lafi (Zentrum Moderner Orient Berlin)
15.00 Uhr
Table ronde
Gewalt und Grenzen im Mittelmeer
mit
Yassin al-Haj Saleh (Wissenschaftskolleg zu Berlin)
Nora Lafi (Zentrum Moderner Orient Berlin)
Yann Lafon (Hamburg)
Teresa Koloma (Universität der Bundeswehr München)
Moderation: Leyla Dakhli (Centre Marc Bloch)
Ort
Germaine-Tillion-SaalCentre Marc Bloch
Friedrichstrasse 191
10117 Berlin