PD Dr. Anja Röcke | Assoziierte Forscherin

Dynamiken und Erfahrungen der Globalisierung
Centre Marc Bloch, Friedrichstraße 191, D-10117 Berlin
E-Mail: anja.roecke  ( at )  sowi.hu-berlin.de Tel: +49(0) 30 / 20 93 70700

Mutterinstitut : Humboldt-Universität | Position : Humboldt-Universität | Fachbereich : Soziologie |

Biographie

Anja Röcke ist habilitierte Soziologin mit den Arbeitsschwerpunkten Kultursoziologie, Allgemeine Soziologie, Europasoziologie, soziologische Theorie und politische Soziologie. Seit Oktober 2023 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bereich gesellschaftswissenschaftliche Europaforschung an der Universität des Saarlandes.

Anja Röcke studierte Sozialwissenschaften (Soziologie und Politikwissenschaft) an der Humboldt-Universität zu Berlin und an der École Normale Supérieure Cachan. Ihre Diplomarbeit zum Thema „Losverfahren und Demokratie. Historische und demokratietheoretische Perspektiven“ (2005, LIT Verlag) wurde mit dem „Erhard-Höpfner-Preis“ ausgezeichnet. 2009 wurde sie am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz im Bereich „Social and Political Sciences“ promoviert. Die Arbeit erschien 2014 bei Palgrave MacMillan unter dem Titel „Framing Citizen Participation. Participatory Budgeting in France, Germany and the United Kingdom“; 2017 in chinesischer Übersetzung. Zeitgleich war sie in ein internationales, von der Hans-Böckler-Stiftung finanziertes Forschungsprojekt zum europäischen Bürgerhaushalt eingebunden und an die Berlin Graduate School for Social Sciences und an das Centre Marc Bloch assoziiert. Von 2009 bis 2019 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie am Institut für Sozialwissenschaften (ISW) der Humboldt-Universität zu Berlin, den sie im Wintersemester 2019-20 als Gastprofessorin vertreten hat. Danach war sie mit einer eigenen Stelle (HU Postdoc-Förderung bis Ende 2022) an den Lehrbereich assoziiert und ist dort nach wie vor Privatdozentin. Zwischen 2020 und 2022 hat sie als Gastprofessorin drei Semester den Lehrbereich „Makrosoziologie“ an der HU Berlin vertreten. Im Juni 2020 hat sie sich für das Fach Soziologie mit einer Arbeit über Selbstoptimierung habilitiert, die unter dem Titel „Soziologie der Selbstoptimierung“ im Suhrkamp Verlag erschienen ist (April 2021).

Lebenslauf als Datei
Institution der Dissertation
European University Institute
Betreuer
Donatella della Porta

Optimierung der Lebensführung? Eine empirisch-vergleichende Studie zu Praktiken des Biohackings in Deutschland, Finnland und Frankreich

Kurzbeschreibung: Biohacking ist eine Form von „Do-it-yourself-Biologie“, in der Personen mit ihrem eigenen Körper experimentieren, um ihre Gesundheit, ihre Leistungsfähigkeit, ihr Wohlbefinden, ihr Aussehen oder ihre Arbeitsproduktivität zu optimieren. Im Biohacking kommen gegenwärtige gesellschaftliche Tendenzen wie Digitalisierung und (bio)technologischer Wandel, die Versprechungen der Neurowissenschaften und die wachsende Ausbreitung von „Bürgerwissenschaften“ („citizen science“) und „open-source“ Aktivismus besonders deutlich zur Geltung. Unter besonderer Berücksichtigung der Gender-Thematik erforscht das geplante Projekt die Bedeutungen, Konsequenzen und Widersprüchlichkeiten des Biohackings und liefert damit einen Beitrag zur Analyse gegenwärtiger Subjektivierungsweisen und ihrer Verbindung mit makrosozialen Prozessen. Empirische Grundlage des Projekts sind qualitative Interviews mit Biohacker*innen in Deutschland, Frankreich und Finnland sowie die teilnehmende Beobachtung von Veranstaltungen der Biohacking-Szene.

Ausführliche Projektbeschreibung: Biohacking ist eine Form von „Do-it-yourself-Biologie“, in der Personen mit ihrem eigenen Körper experimentieren, um ihre Gesundheit, ihre Leistungsfähigkeit, ihr Wohlbefinden oder ihre Arbeitsproduktivität zu optimieren. Während manche Biohacker*innen von chronischen Krankheiten betroffen sind, sich von der Schulmedizin abwenden und selbst zu Experten ihrer Gesundheitmachen, sind andere von den technologischen Möglichkeiten der Beeinflussung von Körper und Geist fasziniert, was in einzelnen radikalen Fällen bis hin zu Experimenten mit dem eigenen Erbgut reicht. Eine dritte Gruppe arbeitet an der eigenen Optimierung, um ihre Statusposition in einer permanenten Konkurrenzsituation zu verbessern: effizientere Organisation des Alltags, besseres Aussehen, höhere Arbeitsproduktivität.

Nicht alles ist neu am „Biohacking“, das auch als vermarktungsträchtiges Label für bestehende Ideen und Produkte zur Schönheits- und Gesundheitspflege dient. Gleichwohl bündeln sich hier zahlreiche gegenwärtige gesellschaftliche Tendenzen wie unter einem Brennglas, was es als Forschungsgegenstand so spannend macht: Digitalisierung und (bio)technologischer Wandel, die Versprechungen der Neurowissenschaften und die wachsende Ausbreitung von „Bürgerwissenschaften“ („citizen science“) und „open-source“ Aktivismus. Methodisch setzt das geplante Projekt auf der Ebene der individuellen Lebensführung an, da hier, so die Ausgangsthese, die skizzierten gesellschaftlichen Tendenzen besonders deutlich zum Ausdruck kommen und in ihrer Widersprüchlichkeit analysier- und fassbar werden. Empirische Grundlage des Projekts sind qualitative Interviews mit Biohacker*innen in Deutschland, Frankreich und Finnland sowie die teilnehmende Beobachtung von Veranstaltungen der Biohacking-Szene. Das Projekt leistet einen Beitrag zur Untersuchung gegenwärtiger Subjektivierungsweisen. Gleichzeitig ermöglicht der international-vergleichende Fokus Rückschlüsse auf gesamtgesellschaftliche Entwicklungen und auf den Einfluss nationaler (institutionell-rechtlicher, politischer und kultureller) Besonderheiten.

Welcher Zusammenhang besteht zwischen Biohacking und Gender, etwa in Bezug auf die Häufigkeit, Bedeutung und Art bestimmter Praktiken? Werden über Biohacking bestehende geschlechtsbezogene Stereotype und Ungleichheiten verringert oder verstärkt? Welche Ziele und Sinndimensionen werden neben der eigenen Optimierbarkeit mit Praktiken des Biohackings verbunden? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die alltägliche Lebensführung, für die Ausgestaltung sozialer Beziehungen wie auch für die Gesellschaft insgesamt? Inwiefern ist Biohacking Ausdruck emanzipatorischer Praktiken oder im Gegenteil Symbol einer wachsenden Unterwerfung unter ökonomische und technische Imperative?

Soziologie der Selbstoptimierung

18.April 2021

Anja Röcke

Monographie
suhrkamp taschenbuch wissenschaft
Edition: Suhrkamp
Collection: suhrkamp taschenbuch wissenschaft
ISBN: 978-3-518-29930-2

Produktiver arbeiten, mehr leisten! Noch fitter werden, noch schöner! Selbstoptimierung steht im Mittelpunkt gegenwärtiger sozialer Anforderungen und individueller Sinnwelten kapitalistischer Gesellschaften. Doch was ist mit Selbstoptimierung genau gemeint? Handelt es sich um ein neues Phänomen? Welche individuellen und gesellschaftlichen Voraussetzungen und Konsequenzen hat es? Entlang dieser drei Fragen entwickelt Anja Röcke eine so klare wie grundlegende Begriffsdefinition, diskutiert die Geschichte der Selbstoptimierung und bestimmt die Faktoren, die Selbstoptimierung als gleichermaßen zentrales wie ambivalentes Phänomen der spätmodernen Gesellschaft ausmachen.

https://www.suhrkamp.de/buch/anja-roecke-soziologie-der-selbstoptimierung-t-9783518299302


Publikationen

Monographien

Anja Röcke (2021): Soziologie der Selbstoptimierung. Berlin: Suhrkamp (2. Auflage 2022).   

Anja Röcke (2014): Framing Citizen Participation. Participatory Budgeting in France, Germany and the United Kingdom, Basingstoke and New York: Palgrave Macmillan

Übersetzung ins Chinesische: 公民參與的框架與擴散:法、德、英的參與式預算, Taipei: National Academy for Educational Research, 2017

Yves Sintomer/Carsten Herzberg/Anja Röcke (2008): Démocratie participative et modernisation des services publics: des affinités électives? Les budgets participatifs en Europe, Paris: La Découverte

Übersetzung des Buches in folgende Sprachen: englisch, spanisch, deutsch, italienisch (vgl. https://www.sowi.hu-berlin.de/de/lehrbereiche/allgemeine-soziologie/mitarbeiter/anjaroecke)

Anja Röcke (2005): Losverfahren und Demokratie. Historische und demokratietheoretische Perspektiven, Münster: LIT Verlag

Herausgeberschaften

Buchreihe

Hans-Peter Müller/Anja Röcke: Reihe Wirtschaft, Gesellschaft und Lebensführung bei Beltz Juventa

Bücher

Anja Röcke/Steven Sello (2021): Lebensführung, Lebenskunst und Lebenssinn. Soziologie, Philosophie und Psychologie des Lebens, Weinheim: Beltz Juventa

Anja Röcke/Maria Keil/Erika Alleweldt (2019): Soziale Ungleichheit der Lebensführung, Weinheim: Beltz Juventa

Erika Alleweldt/Anja Röcke/Jochen Steinbicker (2016): Lebensführung heute: Klasse - Bildung – Individualität, Weinheim: Beltz Juventa

Zeitschriften-Artikel  (Auswahl)

Daniel Nehring/Anja Röcke: “Self-optimisation: Conceptual, Discursive and Historical Perspectives”, Current Sociology, 1/2023, 1-19, DOI: 10.1177/00113921221146575.

Erika Alleweldt/Anja Röcke (2017): Lebensführung aus der Perspektive von Agency und Empowerment“, Klinische Sozialarbeit. Zeitschrift für Psychosoziale Praxis und Forschung, 4 (Oktober), 4-5.

Anja Röcke (2017): (Selbst)Optimierung. Eine soziologische Bestandsaufnahme, Berliner Journal für Soziologie, 27 (2), 319-335, DOI: 10.1007/s11609-017-0338-2

Yves Sintomer/Carsten Herzberg/Anja Röcke/Giovanni Allegretti (2013) „Participatory Budgeting and its Diversity“, The Municipality: Economy and Administration, 2 (5), 5-13 (peer reviewed)

Yves Sintomer/Carsten Herzberg/Anja Röcke/Giovanni Allegretti (2012): „Transnational Models of Citizen Participation: The Case of Participatory Budgeting“, Journal for Public Deliberation, 8 (9), http://www.publicdeliberation.net/jpd/vol8/iss2/art9 (peer reviewed)

Yves Sintomer/Anja Röcke/Julien Talpin (2009): „Démocratie participative ou démocratie de proximité? Le budget participatif des lycées du Poitou-Charentes“, L’homme et la société, 172-73 (April-September), 303-320

Yves Sintomer/Carsten Herzberg/Anja Röcke (2008): „Participatory Budgeting in Europe: Potentials and Challenges“, International Journal of Urban and Regional Research, 32 (1), 164-178, doi: 10.1111/j.1468-2427.2008.00777.x (peer reviewed)

Anja Röcke (2006): „Représentation « miroir » et démocratie. Le tirage au sort dans les jurys citoyens berlinois“, Politique et Sociétés, 25 (1), 13-30 (peer reviewed)

Beiträge in Sammelbänden (Auswahl)

Steven Sello/Anja Röcke (2021): „Lebensführung, Lebenskunst und Lebenssinn– Einführende Bemerkungen", in A. Röcke und S. Sello (Hg.), Lebensführung, Lebenskunst und Lebenssinn. Soziologie, Philosophie und Psychologie des Lebens, Weinheim: Beltz Juventa.

Maria Keil/Anja Röcke/Erika Alleweldt (2019): „Zur sozialen Ungleichheit der Lebensführung. Einführende und konzeptionelle Überlegungen“, in A. Röcke, M. Keil, E. Alleweldt (Hg.), Soziale Ungleichheit der Lebensführung, Weinheim: Beltz, 7-16.

Carsten Herzberg/Anja Röcke/ Yves Sintomer (2018): „Bürgerhaushalte“, in C. Reichard, S. Veit, G. Wewer (Hg.), Verwaltungsreform (5. Auflage), Wiesbaden: Springer VS, 1-13.

Anja Röcke (2016): „Lebensführung und Optimierung. Vom Turbostudium und Bologna-Menschen“, in E. Alleweldt, A. Röcke, J. Steichbicker (Hg.), Lebensführung heute: Klasse - Bildung – Individualität, Weinheim: Beltz Juventa, 148-168

Erika Alleweldt/Anja Röcke/Jochen Steinbicker (2016): „Einleitung“, in E. Alleweldt, A. Röcke, J. Steibicker (Hg.), Lebensführung heute: Klasse - Bildung – Individualität, Weinheim: Beltz Juventa, 7-22

Anja Röcke (2013): „Forms of Democratic Innovations in European Participatory Budgeting“, in M. Joas und B. Geissel (Hg.), Participatory Democratic Innovations in Europe. Improving the Quality of Democracy?, Opladen et al.: Barbara Budrich Verlag, 33-52

Anja Röcke (2013): „Participatory Budgeting“, in D.A. Snow, D. della Porta, B. Klandermanns, D. McAdam (Hg.), The Wiley-Blackwell Encyclopedia of Social and Political Movements (SSEZ -Wiley Blackwell Encyclopedias in Social Sciences), Blackwell