Martin Herrnstadt | Associated Researcher

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Dynamiken und Erfahrungen der Globalisierung
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Home Institution : Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG) Mainz | Disciplines : History |

Das Ringen um Selbstbeschreibung: Die Enquête als sozio-politisches Laboratorium in Frankreich und Algerien 1830-1864

Am Gegenstand der frühen sozialen Enquêten in Frankreich und den französischen Kolonien in Nordafrika soll das Ringen um Wissens- und Gesellschaftsordnung in der Mitte des 19. Jahrhunderts in seiner verschränkten europäischen und kolonialen Dimension untersucht werden. Der Fokus liegt insbesondere auf den Jahre zwischen 1830 und 1864, die als „politisches Labor“ nicht nur des modernen franzö­sischen Natio­nalstaates verstand wird, sondern auch als ein entscheidender Moment in der Herausbildung der modernen Kolonialwissenschaften, wie auch der internationalen Arbeiterorganisation. Die sozialen Krisen der 1830er Jahre und die gleichzeitige koloniale Expansion warfen Fragen nach den Bedingungen des sozialen Zusammenhalts mit besonderem Nachdruck auf und waren begleitet von Ängsten einer „Barbarisierung“ der europäischen Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund entstanden auf dem europäischen Festland wie auch den neuen kolonialen Gebieten Nordafrikas eine Vielzahl von Enquêten, i.e. Projekte der Gesellschafts- und Menschenbeobachtung, die die Grundlage genereller politisch-ökonomischer Reformen liefern sollten. Sie bilden den Gegenstand des vorliegenden Forschungsprojekts. Das Projekt setzt 1830 an, dem Moment, der für die sozialen Unruhen und Revolutionen, wie den Beginn der kolonialen Expansion Frankreichs in Nordafrika steht. Diese sozialen und kolonialen Kämpfe brachten eine gesteigerte Aufmerksamkeit für gesellschaftliche Unterschiede und Ungleichheiten mit sich, und führten zu einem bis dahin ungekannten Aufschwung von Projekten gesellschaftlicher Selbst-Beschreibung durch eine Vielzahl hegemonialer und nicht-hegemonialer Akteure. In der Forschung wird dieses Phänomen neuerdings als Entstehungsmoment einer „Kultur der En­quête“ im 19. Jahrhundert bezeichnet. Während sich der Blick der Forschung zumeist jedoch auf Quellen dominanter gesellschaftlicher Akteure beschränkt (Verwalter, Akademiker), tritt hier insbesondere das Ringen schwacher, devianter und nicht hegemonialer Akteure (Arbeitende, Frauen, lokale Projekte kolonialer Sozialreformer) um ein Wissen über ihre Situation in den Blick. Ziel des Forschungsprojekts ist es hierdurch eine Geschichte des Wissens von der Gesellschaft und der Entstehung der frühen Sozialwissenschaften zu liefern, die der Vielfalt der am Prozess der Wissensgenerierung beteiligten Gruppen sowie dem konfliktuellen Charakter dieses Wissens gerecht werden kann.

37 | 2020 Revue d'histoire des sciences humaines. "Nommer les savoirs"

September 30, 2020

Guillaume Mouralis , Martin Herrnstadt , Léa Renard , Serge Reubi , Nikola Tietze

Artikel
Revue d'histoire des sciences humaines
Edition: Éditions de la Sorbonne
Collection: Revue d'histoire des sciences humaines
ISBN: 979-10-351-0593-8

Les noms des savoirs sont souvent des boîtes noires que l’on manipule avec ingénuité. Pourtant, qu’ils forgent de nouveaux intitulés pour leurs pratiques savantes ou reprennent des dénominations existantes, les savants eux-mêmes y prêtent une grande attention. Étudier la façon dont on nomme et regroupe les savoirs permet de travailler sur leur émergence, les conditions de leur succès, leurs resémantisations invisibles ou les controverses qui les ont traversés. La dénomination et l’agrégation des savoirs sont indissociables de partitions, de découpages et de distinctions. À travers l’analyse des différentes épithètes feuilletant la « géographie » dans la France des xixe-xxe siècles, on met par exemple au jour une histoire beaucoup moins unitaire que ne le voudraient les représentations autochtones. Souvent transnationaux, les cas étudiés témoignent des appropriations variées d’un même terme comme « enquête », « ethnopsychiatrie » ou le diptyque philologie/linguistique. Enfin, en s’arrêtant sur « behavioral sciences », « moral sciences », « Geisteswissenschaften » ou « sciences humaines » c’est l’objet même de la Revue d’histoire des sciences humaines qui se trouve interrogé.