Prof. Dr. Silke Mende | Assoziierte Forscherin

Staat, Recht und politischer Konflikt
Centre Marc Bloch, Friedrichstraße 191, D-10117 Berlin
E-Mail: silke.mende  ( at )  cmb.hu-berlin.de Tel: 030 20 93 70 705

Mutterinstitut : WWU Münster, Historisches Seminar, Lehrstuhl Neuere und Neueste Geschichte (19. bis 21. Jh.) | Fachbereich : Geschichte |

Biographie

Silke Mende ist Neuzeithistorikerin mit einem Schwerpunkt in der gegenwartsnahen Zeitgeschichte. Vom 1. Oktober 2019 bis zum 31. März 2021 war sie stellvertretende Direktorin des Centre Marc Bloch. Von November 2020 bis März 2021 war sie zudem Professorin für Geschichte Europas (19.-21. Jahrhundert) am Institut für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin. Seit dem 1. April 2021 ist sie Professorin für „Neuere und Neueste Geschichte mit besonderer Berücksichtigung des 19. bis 21. Jahrhunderts" am Historischen Seminar der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Zudem ist sie assoziierte Forscherin am Centre Marc Bloch.

Nach dem Studium der Geschichte und Politikwissenschaft in Tübingen und Aix-en-Provence war Silke Mende zunächst wissenschaftliche Mitarbeiterin, dann Akademische Rätin auf Zeit am Seminar für Zeitgeschichte der Universität Tübingen. Forschungs- und Lehraufenthalte führten sie an das Deutsche Historische Institut Paris, die Aix-Marseille Université und das Centre d’Histoire de Sciences Po. in Paris, dem sie weiterhin als assoziierte Forscherin verbunden ist. Zuletzt arbeitete sie am Institut für Zeitgeschichte München–Berlin und vertrat die Professur für transnationale Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts an der Europa-Universität Flensburg.

Silke Mendes Arbeitsschwerpunkte liegen in der deutschen, französischen und europäischen Geschichte vom 19. bis zum 21. Jahrhundert. 2009 wurde sie an der Universität Tübingen mit einer Arbeit über die Entstehung der grünen Bewegung in der Bundesrepublik promoviert. Die mit dem Dr. Leopold Lucas-Nachwuchswissenschaftler-Preis ausgezeichnete Studie versteht sich als Beitrag zu den Debatten um den Umbruchscharakter der 1970er Jahre, bezieht aber gleichzeitig die längeren ideen- und mentalitätshistorischen Kontinuitätslinien des 20. Jahrhunderts mit ein. Im Mai 2018 habilitierte sich Silke Mende an der Universität Tübingen mit einer Arbeit zur Geschichte der Francophonie im 19. und 20. Jahrhundert. Die Studie betrachtet Sprache und Sprachpolitik als politisch-kulturelles Ordnungsinstrument und verortet sie im komplexen Wechselspiel zwischen dem französischen Nationalstaat, seinem Imperium und der Ebene des ‚Internationalen‘. Ihr aktuelles Forschungsprojekt beschäftigt sich mit der europäischen Geschichte von Demokratie und Parlamentarismus im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts. Es fragt nach dem Zusammenhang von Demokratisierung, Parlamentarisierung und Europäisierung im Kontext der europäischen Süd- sowie Osterweiterung. Weitere Forschungsinteressen gelten der Geschichte von Repräsentation, sozialen Bewegungen und Protest sowie der New Imperial History.

Projekte

Forschungsinteressen und -schwerpunkte

  • Geschichte Deutschlands, Frankreichs und Westeuropas
  • Geschichte Frankreichs und des französischen Kolonialreichs im 19. und 20. Jahrhundert
  • Soziale Bewegungen, Protest und die Entstehung der Grünen
  • Geschichte der Francophonie
  • Demokratie, Parlamentarismus und Europäisierung seit den 1970er Jahren
  • Neue Ideengeschichte
  • Gegenwartsnahe Zeitgeschichte

Das „demokratische Europa“? Perspektiven und Konturen einer Zeitgeschichte Europas seit 1970

Das Forschungsprojekt zielt auf die „Konturen einer Zeitgeschichte Europas seit 1970“ und hat die europäische Süderweiterung seit den 1970er Jahren sowie die Osterweiterung nach 1989/91 zum Gegenstand. Sie waren nicht nur wichtige Stationen in der Demokratiegeschichte der einzelnen Beitrittsländer selbst, sondern auch in der Geschichte des institutionellen Europas insgesamt. Deshalb hatten sie, so die Hypothese, zentrale Bedeutung für den Entwurf eines „demokratischen Europa“ als gedachter Ordnung. Zwar reicht diese Idee weiter zurück, dennoch bildete das letzte Drittel des 20. Jahrhunderts die eigentliche Phase für seine konkrete Ausgestaltung. Erst dann, so die These, wurde es zum offensiv präsentierten Bestandteil in Selbstverständnis und Selbstdarstellung der EG bzw. EU, wozu die Auseinandersetzungen und Aushandlungsprozesse im und mit dem Süden und Osten Europas entscheidende Impulse gaben. Das Projekt fragt nach dem Zusammenhang zwischen Europäisierung auf der einen, Demokratisierung und Parlamentarisierung auf der anderen Seite. In den Mittelpunkt rücken die Debatten und Aushandlungsprozesse zwischen den Mitgliedsländern und den europäischen Institutionen einerseits sowie den Beitrittskandidaten andererseits. Methodisch wählt das Projekt, zum einen, einen ideen- und begriffshistorischen Zugriff. Demnach sind „Demokratie“ und „Parlamentarismus“ keine stabilen und überzeitlichen Phänomene, sondern sie sind raum- und zeitabhängigen Wandlungsprozessen unterworfen und werden immer wieder neu verhandelt. Zum anderen orientiert es sich an der transnationalen und Transfergeschichte und nimmt Anregungen aus der New Imperial und Global History auf, die den Blick systematisch auf wechselseitige Einflüsse lenken. Zentrales Erkenntnisinteresse ist es, erstens, einen Beitrag zur stärkeren chronologischen Konturierung der europäischen Zeitgeschichte seit 1970 zu leisten, und, zweitens, jenseits vereinfachter Gegenüberstellungen von „Zentrum“ und „Peripherie“, „Europa“ als einen sich stets verändernden Bezugs- und Imaginationsraum differenziert aufzuschlüsseln.

Ordnung durch Sprache. Francophonie zwischen Nationalstaat, Imperium und internationaler Politik, 1860–1960

06.Juli 2020

Silke Mende

Edition: De Gruyter Oldenbourg
Collection: Studien zur Internationalen Geschichte, 47
ISBN: 978-3-11-065236-9

Mit dem Begriff „Francophonie“ wird meist die Sprachpolitik Frankreichs ab den 1960er Jahren assoziiert. Ihre eigentliche Prägekraft als politisches Projekt entfaltete sie jedoch vom letzten Drittel des 19. Jahrhunderts bis zur Dekolonisierung. Sprache und Sprachpolitik waren zum einen ein sensibler Seismograph französischen Selbstverständnisses. Zum anderen wurden sie zu einem politisch-kulturellen Ordnungsinstrument, das auf die Etablierung und Verbreitung von Normen und Vorstellungen sowie die Herstellung gesellschaftlicher Integration und politischer Kohäsion zielte. Von Beginn an war es in gleichem Maße nach innen wie nach außen gerichtet.
Das Buch untersucht die Genese und Weiterentwicklung der Francophonie, nimmt ihre zentralen Akteure, Ideen und Praktiken in den Blick und untersucht ihre konkrete Ausgestaltung. Im Zentrum steht das komplexe Wechselspiel zwischen dem französischem Nationalstaat, seinem Imperium und der internationalen Politik. Damit werden diese häufig getrennt voneinander behandelten Dimensionen französischer Geschichte konsequent aufeinander bezogen. Zugleich wird der anglophone Schwerpunkt der Imperial- und Globalgeschichte um einen zentralen Aspekt des „French Imperial Nation-State“ ergänzt.


Ordnung durch Sprache
Francophonie zwischen Nationalstaat, Imperium und internationaler Politik, 1860–1960

Reihe: Studien zur Internationalen Geschichte, 47
De Gruyter Oldenbourg | 2020
DOI: https://doi.org/10.1515/9783110656305


Silke Mende ist Neuzeithistorikerin mit einem Schwerpunkt in der gegenwartsnahen Zeitgeschichte. Seit dem 1. Oktober 2019 ist sie stellvertretende Direktorin am Centre Marc Bloch.


Publikationen

Monographien

„Nicht rechts, nicht links, sondern vorn“. Eine Geschichte der Gründungsgrünen (Ordnungssysteme. Studien zur Ideengeschichte der Neuzeit, Bd. 33), München 2011.

Ordnung durch Sprache. Francophonie zwischen Nationalstaat, Imperium und internationaler Politik, 1860-1960 (Studien zur Internationalen Geschichte, Bd. 47), Berlin/Boston 2020.

Herausgeberschaft

hrsg. gemeinsam mit Julia Angster, Eckart Conze und Fernando Esposito: Anselm Doering-Manteuffel, Konturen von Ordnung. Ideengeschichtliche Zugänge zum 20. Jahrhundert (Ordnungssysteme. Studien zur Ideengeschichte der Neuzeit, Bd. 54), Berlin u.a. 2019.

Beiträge in Zeitschriften

Von der „Anti-Parteien-Partei“ zur „ökologischen Reformpartei“. Die Grünen und der Wandel des Politischen, in: Archiv für Sozialgeschichte 52 (2012), S. 273–315.

De 1968 à 1983. Les Verts comme héritiers de la „Nouvelle Gauche“?, in: Allemagne d’aujourd’hui N° 202, octobre–décembre 2012, S. 23–32.

Auf der Suche nach der verlorenen Orientierung – Carl Amery: Ein grüner Bewegungsintellektueller zwischen konservativer Bewahrung und progressiver Veränderung, in: Revue d'Allemagne et des pays de langue allemande 46 (2014), Heft 2, S. 365-379.

„Enemies at the Gate“: The West German Greens and their arrival at the Bundestag – between old ideals and new challenges , in: German Politics and Society 33 (2015), Heft 4, S. 66-79.

Ein „mittleres Buch“ und seine Möglichkeiten [JMEH-Forum zu Ulrich Herberts „Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert“], in: Journal of Modern European History 14 (2016), Heft 1, S. 15-19.

Das „demokratische Europa" seit 1970. Zeithistorische Perspektiven auf den Zusammenhang von Demokratisierung, Parlamentarisierung und Europäisierung als Foschungsfeld, in: GWU 71 (2020), Heft 5/6, S. 315-329.

French imperial politics and the long shadow of Francophonie, in: Jahrbuch für Europäische Geschichte / European History Yearbook 21 (2020): Cultural Sovereignty beyond the Modern State. Space, Objects, and Media (hrsg. v. Gregor Feindt, Bernhard Gissibl und Johannes Paulmann), S. 21-37.

Beiträge in Sammelbänden

Die „Alternative zu den herkömmlichen Parteien“. Parlamentarismuskritik und Demokratiekonzepte der ‚Gründungsgrünen‘ in den siebziger und frühen achtziger Jahren, in: Thomas Bedorf/Felix Heidenreich/Marcus Obrecht (Hrsg.), Die Zukunft der Demokratie. L'avenir de la démocratie (Kultur und Technik, Bd. 12), Berlin 2009, S. 28–50.

gemeinsam mit Sabine Dworog, Residuen des Ordnungsdenkens in den 1970er Jahren? Kontinuitäten, Umbrüche, veränderte Bezugsgrößen. Die Fallbeispiele grüne Bewegung und Flughafenausbau Frankfurt, in: Thomas Etzemüller (Hrsg.), Die Ordnung der Moderne. Social Engineering im 20. Jahrhundert, Bielefeld 2009, S. 331–355.

„Small is beautiful“. Le mouvement vert en Allemagne de l'Ouest entre mouvements sociaux et institutions officielles, in: Jay Rowell/Anne-Marie Saint-Gille (Hrsg.), La société civile organisée aux XIXè et XXè siècles: perspectives allemandes et françaises, Villeneuve d’Ascq 2010, S. 215–226.

La radicalité comme « remède à la maladie sénile » de la société industrielle? La formation des Verts ouest-allemands entre sentiment de crise et remise en question des catégories idéologiques, in: Michel Biard/Paul Pasteur/Pierre Serna (Hrsg.), « Extrême » ? Identités partisanes et stigmatisation des gauches en Europe (XVIIIe-XXe siècle), Rennes 2012, S. 329–340.

gemeinsam mit Birgit Metzger, Ökopax: Die Umweltbewegung als Erfahrungsraum der Friedensbewegung, in: Christoph Becker-Schaum u.a. (Hrsg.), Entrüstet Euch! Nuklearkrise, NATO-Doppelbeschluss und Friedensbewegung, Paderborn u.a. 2012, S. 118–134. (englische Übersetzung: Eco-Pacifism: The Environmental Movement as a Source for the Peace Movement, in: Christoph Becker-Schaum u.a. (Hrsg.), The Nuclear Crisis: The Arms Race, Cold War Anxiety, and the German Peace Movement of the 1980s, New York/Oxford 2016, S. 119-137.)

Von der „Anti-Parteien-Partei“ zur „ökologischen Reformpartei“. Die Grünen und der Wandel des Politischen, in: Meik Woyke (Hrsg.), Wandel des Politischen: Die Bundesrepublik Deutschland während der 1980er Jahre, Bonn 2013, S. 277–319. [Nachdruck des gleichnamigen Beitrags in AfS 52 (2012)]

Asterix im Musterländle? Zur Entstehung und Geschichte der baden-württembergischen Grünen, in: Reinhold Weber (Hrsg.), Aufbruch, Protest und Provokation. Die bewegten 70er- und 80er-Jahre in Baden-Württemberg, Darmstadt 2013, S. 55–70.

Eine Partei nach dem Boom. Die Grünen als Spiegel und Motor ideengeschichtlicher Wandlungsprozesse seit den 1970er Jahren, in: Morten Reithmayer/Thomas Schlemmer (Hrsg.), Die Anfänge der Gegenwart. Umbrüche in Westeuropa nach dem Boom, München 2014, S. 23–36.

La genèse contre-culturelle des Verts? La formation des Verts ouest-allemands dans les années 1970 et ses relations avec le monde alternatif, in: Bernard Lacroix u.a. (Hrsg.), Les contre-cultures. Genèses, circulations, pratiques, Paris 2015, S. 209-220.

Das „Momo“-Syndrom. Zeitvorstellungen im alternativen Milieu und in den ‚neuen‘ Protestbewegungen, in: Fernando Esposito (Hrsg.), Zeitenwandel. Transformationen geschichtlicher Zeitlichkeit nach dem Boom, Göttingen 2017, S. 153-191.

Französische Diskurse um „Westen“, „Moderne“ und „Zivilisation“ – Das Beispiel der francophonie républicaine, in: Riccardo Bavaj/Martina Steber (Hrsg.), Zivilisatorische Verortungen. Der „Westen“ an der Jahrhundertwende (1880-1930), Berlin/Boston 2018, S. 44-56.

Ausstieg aus der Megamaschine? Planungskritik in den Neuen Sozialen Bewegungen, in: Dierk Hoffmann/Elke Seefried (Hrsg.), Plan und Planung. Deutsch-deutsche Vorgriffe auf die Zukunft, München/Boston 2018, S. 198-213.

A Touch of Green Amid the Grey. Europe During the Formative Phase of the German Greens from the 1970s to the 1980s: Between Rejection and Reformulation, in: Christian Wenkel/Eric Bussière/Anahita Grisoni/Hélène Miard-Delacroix (Hrsg.), The Environment and the European Public Sphere: Perceptions, Actors, Policies, Winwick 2020, S. 195-204.

Krise der Parteiendemokratie? Zeithistorische Schlaglichter auf eine (nicht nur) aktuelle Debatte, in: Thorsten Holzhauser/Felix Lieb (Hrsg.), Parteien in der „Krise“. Wandel der Parteiendemokratie in den 1980er- und 1990er-Jahren, Berlin 2021, S. 25-40.

Online-Beiträge

Warum brennst du, Konsument? – Flugblatt Nr. 7 der Kommune 1 (24. Mai 1967), in: Arbeiten mit Quellen unter historicum.net (http://www.historicum.net/lehren-lernen/arbeiten-mit-quellen/beispielanalysen/).

Die Formierung der Gründungsgrünen in der Bundesrepublik der siebziger und frühen achtziger Jahre, in: la clé des langues (http://cle.ens-lyon.fr/allemand/civilisation/histoire/les-deux-allemagne-1949-1990/die-formierung-der-grundungsgrunen-in-der-bundesrepublik-der-siebziger-und-fruhen-achtziger-jahre).

Warum brennst du, Konsument? – Flugblatt Nr. 7 der Kommune 1, in: 100(0) Schlüsseldokumente zur Geschichte des 20. Jahrhunderts (http://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_de&dokument=0085_kom&object=abstract&st=KONSUMENT&l=de).

Foto: Die Vereidigung Joschka Fischers zum hessischen Minister für Umwelt und Energie am 12. Dezember 1985, in: 100(0) Schlüsseldokumente zur Geschichte des 20. Jahrhunderts (http://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_de&dokument=0074_tur&object=abstract&st=&l=de).

Oral history and the founding story of the Greens, in: Heinrich-Böll-Stiftung e.V. (Hrsg.), Experiences in Oral History. Contemporary witness interviews in archive organizations and historical research, Berlin 2018, S. 40-43 (https://www.boell.de/en/2018/10/29/experiences-oral-history).

Rezensionen

in Archiv für Sozialgeschichte, Histoire@Politique, H-Soz-Kult, Neue Politische Literatur, Sehepunkte, Werkstatt Geschichte.