Prof. Dr. Guillaume Mouralis | Assoziierter Forscher

Ehemaliges Mitglied
Mobilität, Migration und räumliche Neuordnung
Centre Marc Bloch, Friedrichstraße 191, D-10117 Berlin
E-Mail: mouralis  ( at )  cmb.hu-berlin.de Tel: +49(0) 30 / 20 93 70700

Mutterinstitut : Centre européen de sociologie et de sciences politique (CESSP), Paris | Position : Prof. Dr. / Directeur de recherche au CNRS | Fachbereich : Geschichte , Politikwissenschaft , Soziologie |

Biographie

Guillaume Mouralis ist Forschungsprofessor (Directeur de recherche) am CNRS. Am Schnittpunkt der sozialen, politischen und Ideen-Geschichte erforscht er den justiziellen Umgang mit autoritären Vergangenheiten auf nationaler sowie internationaler Ebene. Nach einer Doktorarbeit über den vierzigjährigen Umgang mit DDR-Verbrechen in Deutschland, widmete er sich einer Sozialgeschichte des internationalen Nürnberger Prozesses. Diese Arbeit führte zu einer im Dezember 2017 verteidigten Habilitation (HDR). Eine überarbeitete Version dieser Arbeit ist bei Presses de Sciences Po in März 2019 unter dem Titel Le moment Nuremberg. Le procès international, les lawyers et la question raciale [Der Nürnberger Moment. Der internationale Prozess, die lawyers und die Rassenfrage]veröffentlicht.

Sein aktuelles Forschungsprogramm Mobilizing International Law (19. - 21. Jahrhundert) untersucht die Zusammenhänge zwischen den subversiven Aneignungen des Völkerrechts und des internationalen Prozesses (als mobilisierbare "Form" gedacht) einerseits und der Konstruktion transnationaler causes andererseits. Dieses Projekt basiert unter anderem auf einer Erforschung der internationalen Untersuchungskommissionen und alternativen Tribunalen, die von Aktivisten seit den 1920er Jahren eingerichtet wurden.

Er veröffentlichte u. a. : Une épuration allemande. La RDA en procès. 1949-2004 (Fayard, 2008); Dealing with Wars and Dictatorships. Legal Categories and Concepts in Action (hg. mit L. Israël, Asser Press - Springer, 2014);  The Nuremberg Trials. New Perspectives on the Professions, Comparativ (thematisches Heft, mit M.-B. Vincent herausgegeben, 2017); Die Straße ist die Tribüne des Volkes. Ansichten zum 4. November 1989 in Ost-Berlin (hg. mit C. Moine und L. de Verdalle, Links Verlag, 2021), sowie zahlreiche Aufsätze in Französisch, Englisch und Deutsch.

Er nimmt an mehrere finanzierte Forschungsprogramme teil, darunter das Projekt Archives des juristes internationalistes (Nanterre). Er koordiniert mit Frédéric Barriera, Caroline Moine und Laure de Verdalle das Theater- und Forschungsprojekt Utopia 89 / Wir sind das Volk über die Demonstration vom 4. November 1989 in Ost-Berlin.

Er war von 2018 bis 2023 für das Forschungsschwerpunkt Staat, Recht und politischer Konflikt am Centre Marc Bloch mitverantwortlich.

Lebenslauf als Datei
Forschungsthema

Meine wichtigsten Schwerpunkte sind:

- Sozialgeschichte des Rechts und der Justiz: Produktion und Mobilisierung des Rechts, Professionalisierung, Aneignung des Rechts durch "Laien" ;

- Nachkriegsperioden, Säuberungen, Prozesse wegen systemischer Verbrechen, Aufarbeitung der Vergangeheit ;

- Reflexion über die Beziehungen zwischen Recht und Alterität, zwischen Produktion, Auslöschung und Geltendmachung "natürlicher" Unterschiede ;

- Untersuchungfelder: Frankreich, Deutschland, USA

Projekte

1) Mobilisierung/Aneignung des Völkerrechts durch AktivistInnen und KünstlerInnen im 20. und 21. Jahrhundert (persönliches Forschungsprogramm);

2) Utopia 89 / Nous sommes le peuple (kollektives Projekt, das Theater und sozialwissenschaftliche Forschung miteinander verbindet und sich mit der Demonstration vom 4. November 1989 in Ost-Berlin befasst);

3) Justice 67 (kollektives Projekt, das Theater und sozialwissenschaftliche Forschung miteinander verbindet und sich mit dem Russell-Tribunal von 1967 befasst);

4) Profanes du droit / laypeople in Law / Laien im recht (internationale Konferenz und Sammelband, das 2023 bei Routledge erscheinen wird).

Publikationen

Guillaume Mouralis,Le moment Nuremberg. Le procès international, les lawyers et la question raciale, Paris, Presses de Sciences Po, 2019, 266 p.

Übersetzung des Klappentexts:

Der Nürnberger Moment. Der internationale Prozess, die Lawyers und die Rassenfrage

„Wir haben uns genauso wenig in Deutschlands Umgang mit seiner Bevölkerung einzumischen (…) wie andere Regierungen in unsere eigenen Probleme eingreifen.“ Diese Worte von Robert Jackson, leitender Staatsanwalt für die Vereinigten Staaten des Nürnberger Hauptprozesses vor dem Internationalen Militärgerichtshof, sind eindeutig: Die Verurteilung der rassistischen Verbrechen der Nazis sollte keineswegs den Weg für eine internationale Überprüfung der in den Vereinigten Staaten vorherrschenden Rassenverhältnisse ebnen. Ein Resultat dieser Haltung war die besonders eingeschränkte Definition des Verbrechens gegen die Menschlichkeit, die 1945 angenommen wurde.

Ausgehend von den lawyers, die in den USA die Grundlagen für den Prozess gelegt und die Debatten angeregt und geführt haben, bietet Guillaume Mouralis hier eine spannende neue Lesart der Geschehnisse von Nürnberg. Er gibt einen Einblick in die ganze Bandbreite der beruflichen, sozialen und kulturellen Einschränkungen und Zwänge, die diesen experimentellen Moment stark beeinflusst haben, und hinterfragt letzten Endes das Vermächtnis dieses ersten internationalen Strafprozesses. Inwieweit beriefen sich etwa die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung oder später der Widerstand gegen den Vietnamkrieg auf den Prozess? Und in welcher Weise hat diese Aneignung durch AktivistInnen zur Entstehung eines internationalen justiziellen Dispositivs beigetragen?