Staat, Recht und politischer Konflikt

Verantwortlich: Marieke Louis, Mathias Delori, Daniela Heimpel

Co-Organisation: Guillaume Mouralis, Roberto Dagnino, Alexandra Oeser

Konflikte, wie sie aus unvereinbar erscheinenden Zielen, Interessen oder Bedürfnissen entstehen, bilden die Grundlage jeden politischen Handelns. Der Forschungsschwerpunkt behandelt die Rahmung und die politische Bearbeitung dieser Konflikte.
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Konflikte, wie sie aus unvereinbar erscheinenden Zielen, Interessen oder Bedürfnissen der Gesellschaftsmitglieder entstehen, bilden den Antrieb jeden politischen Handelns. Welche gesellschaftlichen Phänomene als Konflikte politisiert und wie sie politisch bearbeitet werden, gibt dabei ebenso Aufschluss darüber, was Gesellschaften in politischer Hinsicht zusammenhält als auch, was sie auseinanderbrechen lässt. Politische Konfliktbearbeitungen können Gesellschaften stabilisieren und sogar stillstellen, aber auch für ihren Wandel oder ihr Scheitern sorgen. Denn die Bearbeitung von Konflikten kann einerseits Grenzlinien und Spannungen reduzieren und darüber gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Andererseits kann politisches Handeln Grenzlinien hervorbringen und so Konflikte initiieren oder verschärfen. Der Forschungsschwerpunkt „Staat, Recht und politischer Konflikt“ stellt – unter Berücksichtigung von dessen Konstruktionscharakter und Geschichtlichkeit – die empirische und theoretische Analyse politischen Konflikthandelns in Vergangenheit und Gegenwart ins Zentrum seiner sozial-, kultur- und geisteswissenschaftlichen Auseinandersetzung. Dies sowohl mit Perspektive auf die soziale Welt als auch auf stärker institutionelle Strukturen wie etwa Staat und Recht.

Mit dem Thema „Gewalt, Krisen und Konfliktbearbeitung“ legt der Schwerpunkt einen Fokus auf politische Einheiten, die besondere Krisen durchleben oder an ihren Konflikten scheitern. Im Themenbereich „Politische Mobilisierung und Teilhabe“ wird die Analyse politischer Kräfte aufgegriffen, die maßgeblich für Bewegung in politischen Gemeinwesen sorgen. Das Thema „Gelebte und kodifizierte Normen“ behandelt politische Verbände, die stärker soziale Regelhaftigkeiten im politischen Geschehen ausbilden.

Thema 1: Gewalt, Krisen und Konfliktbearbeitung

Dieser Bereich stellt die Frage nach (strukturell) gewaltsamen Politikformen, wie sie entweder in Krisen und besonderen Konfliktkonstellationen auftreten, oder aber in politische Systeme als Teil oder Ganzes eingelassen sind – seien es demokratische, autokratische, autoritäre oder diktatorische Regimes. Betrachtet wird erstens die Entwicklung, Herausbildung und Aufrechterhaltung derartiger politischer Ordnungen. Zweitens werden die ihnen inhärenten Formen der Gewalt untersucht. Gefragt wird etwa nach alltäglich-diffuser oder staatlich-institutionell gelenkter Gewalt. Drittens wird die Aufmerksamkeit auf die Dynamiken politischer Krisen und die sie begleitenden sozialen Umbrüche gelenkt. Von zentraler Bedeutung sind schließlich viertens Prozesse der rechtlich-politischen Aufarbeitung (strukturell) gewaltsamer Politiken bzw. ihrer Folgen im Sozialen.

Thema 2: Politische Mobilisierung und Teilhabe

Der zweite Bereich untersucht zum einen Versuche, politische Öffentlichkeiten für gesellschaftliche Probleme herzustellen, zum anderen analysiert er die Verteilung und die Chancen von Teilhabe. Dies umfasst erstens die Analyse von politischen Mobilisierungen solcher gesellschaftlicher Gruppen, die sich mit ihren Zielen, Interessen oder Bedürfnissen innerhalb des politischen Systems nicht ausreichend repräsentiert sehen, die zusätzlich Einfluss nehmen wollen oder die ihr Thema stärker wahrgenommen sehen möchten – was ebenso für staatliche Akteure gelten kann wie für Akteure, die entlang gesellschaftlicher Grenzlinien wie Geschlecht, ‚Rasse‘ oder Klasse agieren. Eng an diesen Themenkomplex gebunden ist zweitens der Aspekt des Ringens dieser Gruppen um Teilhabe am politischen und gesellschaftlichen Leben, so etwa bezogen auf Bereiche wie den Arbeitsmarkt, die Gesundheit oder die Möglichkeit politischer Beteiligung.

Thema 3: Gelebte und kodifizierte Normen

Der dritte Themenbereich befasst sich mit der Entstehung und Umsetzung gesellschaftlicher und formalrechtlicher Regelsysteme – durch Regierungen und staatliche Verwaltungen, aber auch durch soziale Gruppen. Erstens bedeutet das eine analytische Berücksichtigung nicht-staatlicher Einheiten sowie von Gemeinschaften, die sich abseits des Staats oder in aktiver Opposition zu ihm positionieren. Zweitens werden staatliche, trans- und internationale Regelsysteme untersucht. In beiden Feldern wird neben der Analyse der Genese und Strukturiertheit der Regelsysteme ihre Anwendung durch die Verwaltung oder die Rechtsadressaten untersucht. Ein Schwerpunkt bildet dabei die Frage nach der Aneignung von gelebten oder kodifizierten Normen in der professionellen und nicht-professionellen juristischen Praxis.